Frauen*streik Aargau

Feministischer Streik Aargau

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Aargau

Frauen*streik Aargau

17.11.2019

Amanda Sager-Lehner

Wow, 20 Frauen mehr im Nationalrat!

Liebe Unterstützer*innen des feministischen Streiks im Aargau

Hallo Frauen*streik Aargau-UnterstützerInnen

Wahlerfolg!!

Toll !! Wir feiern einen grossen Erfolg. Es wurden schweizweit 20 Frauen mehr in den Nationalrat gewählt als im 2015 !!
Für die nächsten vier Jahre wirken 84 Frauen im Nationalrat mit. Der Frauenanteil ist damit von bisher 32 % auf 42 % gestiegen.

Im Aargau sind 4 zusätzlichen Frauen in den Nationalrat gewählt worden: Gabriela Suter (SP und Mitglied des Komitees Frauen*streik Aargau), Marianne Binder-Keller (CVP), Studer Lilian (EVP) und Bircher Martina (SVP). Neu sind jetzt 7 der 16 Aargauer Vertretungen im Nationalrat Frauen!

Der Frauen*streik 2019 hat massgeblich dazu beigetragen! Danke für dein Mitmachen und dein Wählen (von Frauen) am 20. Oktober 2019!!

Unsere Empfehlung für den 2. Wahlgang am 24. November im Aargau

Lass uns dranbleiben und wähle beim 2. Wahlgang am 24. November nochmals Frauen, damit im Aargauer Regierungsrat und Ständerat nicht nur Männer, sondern auch Frauen wirken.

Geh wählen! Jede Stimme zählt!
Geh Frauen wählen!

In den Regierungsrat: Yvonne Feri

In den Ständerat (2 Sitze): Ruth Müri (Grüne) und Marianne Binder-Keller (CVP)

Solidarität mit den 3 Kandidatinnen vor dem Grossratsgebäude in Aarau,

Beachte: Bei den Ständeratswahlen darf eine Person nur 1 Mal aufgeführt werden!! Sonst ist die Stimmabgabe ungültig!

Bitte motiviere viele Menschen in deinem Umfeld, am 24. November erneut zu wählen und bei der Neubesetzung der Ämter mitzubestimmen.

Komm an die Gründungsversammlung des Vereins des Frauen*streiks Aargau Donnerstag 21. November um 18.30 Uhr im Volkshaus in Aarau

Es geht weiter!
Ob wir uns "feministischer Streik Aargau", "Frauen*streik Aargau" oder "Frauen*streik plus" nennen werden? Wir haben abgestimmt. Gespannt auf das Ergebnis?

Unsere Statuten haben wir ausführlich diskutiert. Wer hilft mit diese umzusetzen? Hast du Lust in unserem Vorstand mitzuwirken? Wir würden uns sehr freuen! Die Gründungsversammlung ist am Donnerstag, 21. November um 18.30 Uhr im Volkshaus, an der Bachstrasse 43 in Aarau. Du bist willkommen, unabhängig davon, ob du im Vorstand mitwirken oder dem Verein beitreten möchtest oder nicht.

16 Tage gegen Gewalt an Frauen

Am 25. November ist der Tag gegen Gewalt an Frauen. An diesem Tag beginnt die internationale Kampagne " 16 Tage gegen Gewalt an Frauen" mit vielen Aktionen. Sie dauert 16 Tage, bis am 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte. Mit der Verbindung dieser beiden Daten soll darauf hingewiesen werden, dass Frauenrechte Menschenrechte sind. Im 2019 geht es um "Gewalt gegen Frauen* im Alter". Ziel der Kampagne ist, für das Thema "Gewalt gegen Frauen" zu sensibilisieren. Mehr dazu und zu den Anlässen

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Aargau

Frauen*streik Aargau

30.09.2019

Amanda Sager-Lehner

Es geht weiter mit dem Aargauer Frauen*streik-Engagement!

Liebe Unterstützer*innen des feministischen Streiks im Aargau

Du erhältst diesen Newsletter, da du dich im Hinblick auf den Frauen*streik im Juni 2019 für den Aargauer Newsletter angemeldet hast. Wir informieren dich gerne, wie es weiter geht. Falls du das nicht möchtest, kannst du den Newsletter abbestellen mit "unsubscribe from this list" am unteren Rand dieser Nachricht oder indem du eine Mail an frauenstreik.aargau@gmail.com mit dem Vermerk "abmelden" sendest.

Wie es weiter geht mit dem Frauen*streik-Komitee im Aargau

Der 21. November 2019 wird ein wichtiger Tag für die Frauen*streikbewegung im Aargau werden. Der Frauen*streik Aargau wird zu einem Verein. Damit soll eine solide Basis geschaffen werden, um uns weiterhin engagiert für die Umsetzung unserer Anliegen - dem Frauen*streik-Manifest - einsetzen zu können. Komm auch zur Gründungsveranstaltung am

Donnerstag, 21. November 2019
um 18.30 Uhr im Volkshaus Aarau, Bachstrasse 43

Alle, die mitgestalten möchten, sind willkommen, unabhängig eines Beitritts in den Verein!

Wie du uns unterstützen kannst, eine Streikforderung umzusetzen

Eine der Forderungen des Frauen*streiks Aargau ist, mehr Frauen* in der Politik zu haben. Bei den kommenden National- und Ständeratswahlen vom 20. Oktober 2019 haben wir die Möglichkeit mehr Frauen* ins Parlament zu wählen, sowie Menschen, die hinter dem Aargauer Frauen*streik-Manifest stehen.

Das schaffen wir nur mit deiner Hilfe, indem du wählen gehst und auch Kolleg*innen dafür gewinnst.

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Bist du nicht sicher, wie richtig wählen?
Hier eine einfache
Video-Wahlanleitung auf YouTube

Wen wir zur Wahl in den National- und den Ständerat am 20. Oktober 2019 empfehlen

Die Ergebnisse der Umfrage zum Frauen*streik-Manifest sind da!
National- und Ständeratskandidat*innen hatten die Möglichkeit, zum Aargauer Frauen*streik-Manifest Stellung zu nehmen.
Link zum Manifest

Folgende Kandidierenden unterstützen unsere Manifest-Forderungen.
Zur Erklärung: Ein Häkchen bei einer Forderung bedeutet "ja", ein Pfeil nach oben "eher ja", ein Pfeil nach unten "eher nein", x heisst "nein" .
Die Zahl am Schluss der Zeile gibt an, wie stark die Ansichten der Kandidierenden mit unserem Manifest übereinstimmen. 40 Punkte sind das Maximum.

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Für die ausführliche Liste, inklusive der Kommentare der Kandidierenden, hier klicken.

Zeitung Aargauer Zeitung

BASEL

Aargauer Zeitung

25.09.2019 15:22

Andreas Schwald

Monatelange Schilderplage nach Basler Frauenstreik – der Staat zahlt immer noch Reinigung und Ersatz

Überklebte Strassenschilder sorgten für Erheiterung und Aha-Effekte während des Frauenstreiks. Doch die Kleber auf den Strassenschilder waren hartnäckig – und hingen monatelang in Basel. Die neuen Schilder bezahlt der Staat.

Die Aktion sass. Anlässlich des Frauenstreiks vom 14. Juni wurde nicht nur der Basler Roche-Turm mit einem gigantischen Logo bestrahlt, Aktivistinnen überklebten in der Nacht auf den Streiktag auch diverse Strassenschilder in Gedenken an Figuren der Frauengeschichte. So hiess der Tellplatz im Gundeli neu Heidiplatz, aus der Mittleren Brücke wurde die Streikallee und aus der Utengasse die Goegg-Pouchoulin Gasse. Das sorgte für zusätzliche Aufmerksamkeit für die Anliegen der aktuellen Frauenrechtsbewegung.

Doch so unterhaltsam bildungsbürgerlich die Schilderaktion war, so zäh war sie: Der Kleber hält gut, die papiernen Beschriftungen überlebten die Hitze und ein paar Regentage im Sommer. Sehr zum Leid einiger Anwohner: Das zum Hausarbeitsberg deklarierte Imbergässlein im Herzen der Innenstadt nervte einen Nachbarn mit der Zeit derart, dass er sich auch bei der Redaktion der bz beschwerte. Zumal sichtlicher trotz Entfernungsversuche die Reminiszenz an den Frauenstreik einfach nicht weichen wollte.

Vandalismus zu Lasten der Basler Staatskasse

«Wenn ein Schild stark verklebt ist, lohnt es sich, dieses ganz zu ersetzen», sagt Martina Hilker, Sprecherin des Basler Bau- und Verkehrsdepartements (BVD), auf Anfrage der bz. Was im Zug der Recherche auch gleich getan wurde: Kurz nach Eintreffen der Antworten waren die Schilder am Imbergässlein und am Tellplatz sogleich durch neue ersetzt worden.

Das kostet – und zwar den Staat. Denn, so Hilker: «Vandalismus führt immer zu Folgekosten für die Staatskasse, es sei denn, die Verursacher sind bekannt und können belangt werden.» Nach dem Frauenstreik sei eine bereichsübergreifende Equipe mit der Beseitigung der Schäden durch den Frauenstreik beauftragt worden. Gereinigt oder ersetzt wurde nach Prioritäten der Verkehrssicherheit. «Generell können wir sagen, dass neben dem Frauenstreik auch während der Basler Fasnacht Schilder beklebt werden.» Dasselbe gelte für FCB-Kleber. Auch hier wird in der Regel zulasten der Steuerzahler aufgeräumt.

Das BVD sei froh um jeden Hinweis, wo es noch veränderte respektive überklebte Tafeln habe, damit diese «relativ zeitnah» gereinigt werden können. Grundsätzlich sei nach einer Meldung allerdings mit bis zu zwei Wochen zu rechnen, bis die Schilder gereinigt sind. Gemessen an den bis zu vier Monaten, die einige Streikschilder überdauerten, also eine relativ kurze Zeit.

Zeitung Aargauer Zeitung

SCHWEIZ

Aargauer Zeitung

09.07.2019 12:35

sda

Gewerkschaften tragen Frauenstreik-Forderungen in Lohnherbst

Der Frauenstreik vom 14. Juni soll nicht ohne Folgen bleiben. Die Gewerkschaften tragen die Forderungen in die Lohn- und GAV-Verhandlungen im Herbst.

Die Schweiz müsse endlich vorwärts machen, die Frauen seien wütend, sagte Regula Bühlmann, Zentralsekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB am Dienstag an einer Medienkonferenz in Bern. Das Gleichstellungsgesetz müsse endlich umgesetzt und wenn nötig verbessert werden.

Frauen würden im Privatsektor ab dem 21. Oktober eines Jahres wegen der Lohnungleichheit von fast 20 Prozent gratis arbeiten, sagte Unia-Präsidentin Vania Alleva. Sie drohte mit einer Arbeitsniederlegung, sollten die Bedingungen bis dahin verbessert worden sein.

Die Gewerkschaften tragen die Streikforderungen daher in die herbstlichen Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite. Sie wollen in Branchen mit hohem Frauenanteil Mindestlöhne von 4000 Franken und generell fairere Löhne für Frauen, namentlich im Gesundheitswesen.

Mehr Urlaub für Väter gefordert

Eine der wichtigsten Forderungen des Frauenstreiks war die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs respektive einer Elternzeit. Die Schweiz sei das einzige Land, welches kein solches System kenne, hiess es an der Medienkonferenz. Das Parlament müsse weitere wirksame Massnahmen ergreifen. Zwei Wochen Vaterschaftsurlaub seien ein Anfang, reichten aber bei weitem nicht.

In allen öffentlichen und subventionierten Betrieben verlangt der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) regelmässige Lohnüberprüfungen. Für gleiche Funktionen bei gleichen Voraussetzungen müsse eine "Toleranzschwelle 0" gelten. Die Unternehmen müssten regelmässige Analysen durchführen und Diskriminierungen ausmerzen.

Zudem müssten als klassische Frauenberufe taxierte Tätigkeiten deutlich höher eingereiht werden auf den Lohnskalen. Dazu zählten sämtliche Berufe, bei denen es um die Betreuung von Kindern, Kranken, Betagten und Hilfsbedürftigen geht, sagte VPOD-Präsidentin Katharina Prelicz-Huber. Im Bildungsbereich müsse die Arbeit im Kindergarten aufgewertet werden. Kindergärtnerinnen und -gärtner müssten gleich viel verdienen wie Primarlehrkräfte.

Umkleidezeit als Arbeitszeit

Weiter braucht es laut Prelicz-Huber im Gesundheitsbereich die Anerkennung der Umkleidezeit als Arbeitszeit, Frühpensionierungsmöglichkeiten ab 60 bei voller Rente und Gesamtarbeitsverträge (GAV) in der privaten Pflege. Die Arbeitszeit für alle soll sukzessive auf 35 Stunden pro Woche gesenkt werden.

Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) engagiert sich für einen Mutterschaftsurlaub von 18 Wochen und einen Urlaub von zehn bis 20 Tage für Väter. Das Engagement der Väter ermögliche es, das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen zu verringern, sagte SEV-Präsidentin Barbara Spalinger.

Auch der VPOD engagiert sich auch für einen 18-wöchigen Mutterschaftsurlaub, und zudem für einen Vaterschaftsurlaub von acht Wochen, finanziert über die Erwerbsersatzordnung. Nach Ablauf der Urlaubszeit müsse für das Kind ein Betreuungsplatz bereitstehen. Dieser müsse von der öffentlichen Hand finanziert werden.

Die Gewerkschaften fordern von den Unternehmen zudem betriebliche Reglemente und Leitlinien zur Verhinderung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz sowie Schulungen dazu. Es brauche eine Null-Tolenanzgrenze in Unternehmen. Schliesslich müssten Lehrmittel auf diskriminierende Darstellungen und Geschlechterstereotypen überprüft und angepasst werden.

Zeitung Horizonte Magazin der katholischen Kirche

AARGAU

Horizonte

03.07.2019

Andreas C. Müller

Frauenkirchenstreik: Nun mit finanziellem Druck

Allein in Aarau waren am 14. Juni über 3’500 Frauen auf der Strasse. Das ist ein Erfolg, oder nicht?

Susanne Andrea Birke: Absolut. Ich habe mich immer gefragt, ob es nach 1991 nochmals möglich sein wird, so viele Frauen zu mobilisieren. Aber das hat tatsächlich geklappt. Und dass wir Katholikinnen da so mittendrin waren und Akzente setzen konnten, das hat mich schon bewegt.

Vroni Peterhans: Das stimmt. Ich durfte ja eine Rede halten. Und unsere Forderungen unter cem Motto «Gleichberechtigung.Punkt.Amen!», die ja nicht alle betrafen, wurden gleichwohl von allen solidarisch mitgetragen.

Wenn Sie mit damals vergleichen: Worin unterscheidet sich 2019 von 1991

Susanne Andrea Birke: Ich habe das Gefühl, dass wir heute schon an einem ganz anderen Punkt stehen als damals. Gerade die Geschlechterfrage wird heute ganz anders thematisiert, das wird heute viel breiter gedacht. Oder auch, dass Migrantinnen sich und ihre Anliegen einbringen können.

Und jetzt? Ist erst einmal ein Marschhalt angezeigt?

Vroni Peterhans: Nein, wir müssen dranbleiben und weitermachen – das sind wir unserer Basis schuldig. Insbesondere wenn ich daran denke, was da in den Kirchgemeinden alles gegangen ist.

Susanne Andrea Birke: Genau, da gab es teils einen ganz spannenden Austausch im Rahmen von Brunch-Veranstaltungen.

Vroni Peterhans: Wir können ja auch nicht einfach die Frauen aufrufen, mitzumachen. und dann nicht weitermachen.

Und wie geht es jetzt weiter?

Susanne Andrea Birke: Ich finde es auf jeden Fall wichtig, dran zu bleiben. Bei uns in der Fachstelle haben wir beschlossen, dass wir die Andachten «Draussen vor der Kirchentür» weiterführen möchten. Einmal im Monat – und zwar wandernd. Wir starten am 22. Juli in Rheinfelden. Das Aargauer Streikkomitee wird dann am 14. August weiterplanen.

Vroni Peterhans: Was sicher eine Schiene ist, die wir noch zu wenig verfolgt haben, ist die Zusammenarbeit mit den Landeskirchen. Um gemeinsam zu schauen, was auf finanzieller Ebene möglich ist.

Das heisst, um finanziell Druck auf die Klerikalkirche aufzubauen?

Vroni Peterhans: Ja, genau. Darüber hinaus werden wir vom Präsidium der Bischofskonferenz SBK zu einem Gespräch empfangen. Gerade für das Bistum Basel sehen wir grosse Chancen. Da wollen wir sicher die Idee eines Versuchslabors voranzutreiben, wie es uns von Bischofssprecher Hansruedi Huber in Aussicht gestellt wurde.

Das hiesse, dass im Bistum Basel Frauen zu Diakoninnen geweiht würden?

Vroni Peterhans: Oder in neue Ämter, damit Seelsorge vor Ort künftig noch stattfinden kann. Denn die alten Strukturen entsprechen nicht mehr der heutigen Zeit. Wir haben in den Kirchgemeinden fähige, charismatische Frauen und Männer, die sich nicht im gewünschten Masse einbringen können, weil sie die restriktiven Vorschriften der katholischen Kirche nicht erfüllen. Dabei wären diese Frauen den Menschen im Ort näher als ein Priester, der aus Indien oder Afrika kommt.

Und wenn die Kirche stur bleibt?

Vroni Peterhans: Bis anhin gilt für uns immer noch die Devise «Auftreten statt Austreten». Aber es ist für viele von uns natürlich schon eine Option, eine eigene katholische Gemeinschaft zu bilden, in der Frauen ihren angemessenen Platz haben.

Was ist mit Kontakten zu Bewegungen in anderen deutschsprachigen Ländern?

Vroni Peterhans: Wir werden mit allen schweizerischen und europäischen Aktionen, beispielsweise Maria 2.0, zusammensitzen und dann schauen, wie wir Kräfte bündeln können.

Susanne Andrea Birke: Im Aargauer Manifest haben wir gleichberechtigte Repräsentation und Teilhabe auf allen Ebnen der Kirchen gefordert. Darauf müssen wir hinarbeiten und gleichzeitig gilt es, die Feudalstruktur der römisch-katholischen Kirche zu überwinden – auch wenn nicht damit zu rechnen ist, dass sich das in absehbarer Zukunft erreichen lässt. Zu resignieren ist für mich keine Option.

Zeitung Aargauer Zeitung

AARGAU

Aargauer Zeitung

27.06.2019 08:25

Eva Berger

So frauenfreundlich sind die Aargauer Politiker in Bern – oder eben nicht

Das Frauenstreik-Komitee plant eine Zertifizierung von Kandidatinnen und Kandidaten. Eine Rangliste zeigt, wie frauenfreundlich Aargauer Nationalratsmitglieder sind.

Das Aargauer Frauenstreik-Komitee startet eine Umfrage unter allen Kandidierenden für die nationalen Wahlen vom 20. Oktober. Sie sollen sich zu sämtlichen Punkten des Frauenstreik-Manifests äussern und können eine «Frauenstreik Zertifizierung» erhalten.

Diese soll etwas darüber aussagen, wie «frauenfreundlich» die jeweilige Kandidatin oder der jeweilige Kandidat ist. Die «SonntagsZeitung» hat schon eine eigene Rangliste der Nationalratsmitglieder erstellt, die zeigt, welche Parlamentarierinnen und Parteien sich am stärksten für die Gleichstellung einsetzen und welche im Rat eher gegen Frauenanliegen stimmen.

So frauenfreundlich
sind die Aargauer Nationalratsmitglieder

Diese Rangliste zeigt, wie frauenfreundlich Aargauer Nationalratsmitglieder sind:

Name Partei Zustimmung
Beat Flach GLP 94%
Cédric Wermuth SP 94%
Yvonne Feri SP 90%
Bernhard Guhl BDP 78%
Ruth Humbel CVP 59%
Corina Eichenberger FDP 26%
Matthias Jauslin FDP 25%
Thierry Burkart FDP 20%
Sylvia Flückiger SVP 15%
Ulrich Giezendanner SVP 11%
Andreas Glarner SVP 11%
Hansjörg Knecht SVP 11%
Maximilian Reimann SVP 11%
Thomas Burgherr SVP 6%
Luzi Stamm SVP 6%

Die «SonntagsZeitung» hat dafür 20 Abstimmungen im Nationalrat während dieser Legislatur berücksichtigt. Die Frauenorganisation Alliance F hat diese als die wichtigsten Gleichstellungsabstimmungen ausgewählt. Dabei zeigt sich: Der frauenfreundlichste Aargauer Nationalrat ist Beat Flach von der GLP, am frauenunfreundlichsten gestimmt hat SVP-Nationalrat Luzi Stamm.

Flach hat in 94 Prozent der Fälle im Sinn der Frauen gestimmt, womit er bei der Frauenfreundlichkeit an insgesamt fünfter Stelle liegt. Seine Partei ist denn auch die frauenfreundlichste, sechs Grünliberale sind auf den vordersten Plätzen. Dass diese nicht an die linken Parteien gehen, die sich die Gleichstellung auf die Fahne geschrieben haben, lange bevor es die GLP überhaupt gab, liegt laut den Autoren am sozialpolitischen Dilemma der Linken.

In der laufenden Legislatur gab es Geschäfte, die unter dem Titel Frauenförderung und Gleichstellung liefen, nach Ansicht der Linken aber nur gut situierten Familien etwas bringen. So haben Grüne und SP beispielsweise mehrheitlich einen Steuerabzug für Kinderbetreuungskosten abgelehnt.

Laut Grünen-Präsidentin Regula Rytz bringe ein solcher nur den reichsten Familien etwas, löse aber das grundsätzliche Problem mit zu hohen Kinderbetreuungskosten nicht, weswegen das Anliegen von vielen Linken abgelehnt wurde. Hinter den Grünliberalen sind aber die Sozialdemokraten die frauenfreundlichsten Parlamentarier, die Grünen folgen an dritter Stelle.

Unter den Aargauerinnen und Aargauern ist laut «SonntagsZeitung»-Rangliste Cédric Wermuth (SP) der frauenfreundlichste Nationalrat einer linken Partei mit 94 Prozent an frauenfreundlichen Stimmen. Das ist gleich viel wie Flach erreichte. Die schlechtere Platzierung Wermuths ergibt sich dadurch, dass dieser eine Abstimmung weniger bestritten hat als der GLP- Nationalrat.

Wermuths Parteikollegin, Nationalrätin Yvonne Feri, kommt auf 90 Prozent. Am unteren Ende der Rangliste belegt Luzi Stamm den viertletzten Platz mit 6 Prozent Zustimmung zu Frauenanliegen. SVP-Aargau-Präsident Thomas Burgherr kommt ebenfalls auf 6 Prozent.

Zeitung Aargauer Zeitung

AARAU

Aargauer Zeitung

27.06.2019 04:00

Eva Berger

Der erste Streich nach dem Streik: Die Anliegen werden konkretisiert

Vor knapp zwei Wochen gingen Tausende Frauen auf die Strasse. Im Aargau forderten sie die gesicherte Finanzierung des Frauenhauses und bessere Arbeitsbedingungen in Frauenberufen. Jetzt arbeitet das Komitee an der Umsetzung der Anliegen.

Am Dienstag haben Vertreterinnen des Frauenstreikkomitees um die Grünen-Grossrätin Gertrud Häseli an Staatsschreiberin Vincenza Trivigno die Unterschriften für eine Petition überreicht, mit der sie sich gegen den laufenden Auslagerungsprozess der Reinigungsarbeiten in der kantonalen Verwaltung stellen. Die von 400 Personen unterschriebene Petition ist das erste konkrete Ergebnis aus den Forderungen des Frauenstreiks vom 14. Juni im Aargau. «Dass die Petition nicht von mehr Menschen unterschrieben wurde, liegt daran, dass das Thema nicht besonders spannend ist. Wichtig ist es aber, denn es geht um bessere Anstellungsbedingungen, insbesondere für Frauen», sagt Häseli. Im Rahmen der Budget-Debatte soll das Anliegen auch als politischer Vorstoss eingebracht werden.

Geld für Frauenhaus

Der Aufmarsch hallt knapp zwei Wochen nach dem Streik nach. Ein erstes Treffen des Komitees, um die Umsetzung der Anliegen zu besprechen, hat bereits stattgefunden, ein weiteres ist für den 14. August geplant. Viele der Forderungen betreffen die nationale Gesetzgebung, doch es gibt auch Probleme, die auf kantonaler Ebene gelöst werden können. Als eines der drängendsten nennt Gertrud Häseli die Finanzierung des Frauenhauses Aargau-Solothurn. Mit einem Sockelbeitrag des Kantons, unabhängig von der Belegung des Hauses, wären dessen Finanzprobleme gelöst. Per Vorstoss im Grossen Rat soll der Regierungsrat dazu aufgefordert werden, den Betrag zu sprechen. Ein weiteres Anliegen, das für die Frauen ganz oben auf der Liste steht, ist die Wiedereinführung der Fachstelle Gleichstellung. Diese wurde vor zwei Jahren abgeschafft. Das soll in kleinen Schritten geschehen, erklärt Häseli, noch sei der Wille in der Politik nicht vorhanden. Die Frauen gründen zuerst ein Kompetenzzentrum für Gleichstellung, das durch Projektgelder und Fonds finanziert wird. Nach einer Pilotphase soll die Stelle wieder definitiv zu einer Aufgabe des Staates werden, wie es im Gleichstellungsgesetz vorgesehen sei. Weiter setzt sich das Komitee für die Anliegen der LGBTQI-Bewegung ein. Auf kantonaler Ebene wird verlangt, dass ein drittes Geschlecht auf Formularen zum Standard wird.

Noch viel zu tun bei Landfrauen

Die Anliegen des Frauenstreikkomitees waren bereits vor dem 14. Juni da, der Wille, etwas zu verändern, ebenso. Alleine dafür hätte es den Streik nicht gebraucht, findet Gertrud Häseli. Aber: «Schweizweit waren eine halbe Million Frauen und Männer für mehr Gleichberechtigung auf der Strasse. Sie haben gezeigt, dass sie da sind und etwas verändern wollen. Das hallt in der Politik und in der Gesellschaft nach, die Schleusen sind jetzt offen», ist die Grossrätin überzeugt. Das zeige sich aktuell in den Diskussionen über die Nachfolge der abtretenden Regierungsrätin Franziska Roth. «Viele sagen, man könne gar nicht anders, als eine Frau zu wählen. Dieser Druck wurde mit dem 14. Juni sehr verstärkt.»

Neben dem Klimawandel und dem Alter sei die Gleichberechtigung eines der drei Hauptthemen im Wahljahr. Deswegen reiche es nicht, wenn die Anliegen in den linken Parteien formuliert und unter Frauen diskutiert werden. «Wichtig ist, dass wir auch die skeptischen Männer und Frauen abholen und ihnen aufzeigen, wie berechtigt unsere Forderungen sind. Ansonsten erreichen wir nichts», so Häseli.

Eine halbe Million Menschen haben gezeigt, dass sie etwas ändern wollen.

Es mache also Sinn, dass das Frauenstreikkomitee apolitisch und aus Vertreterinnen verschiedener Organisationen zusammengesetzt ist. So dringe der Wunsch nach Veränderungen in weite Teile der Gesellschaft durch. Beispielsweise zur Landbevölkerung, wo es allerdings noch nicht ganz angekommen ist. Die Aargauer Landfrauen hätten am 14. Juni und bei den Vorbereitungen auf den Streik vor allem festgestellt, dass sie noch viel Arbeit damit haben, die Frauen für mehr Forderungen nach Gleichberechtigung zu motivieren und auch auszubilden, sagt Präsidentin Lotti Baumann. Der von den Landfrauen organisierte Sitzstreik sei von Mitgliedern eher schlecht besucht gewesen, bedauert die Präsidentin. Dabei leisteten viele von ihnen schlecht bezahlte oder gar Gratis-Arbeit, stellten das aber nicht infrage. «Diese Frauen müssen wir abholen. Wir wollen ihnen mitgeben, dass sie ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen dürfen.» Lotti Baumann ist dennoch von der Wirkung des Streiks überzeugt: «Es ist immer gut, wenn man weiss, wo man ansetzen muss.» Baumann lässt nicht locker, als eine der Referentinnen bei der Abschlussfeier der Berufsprüfung der Bäuerinnen wird sie ihre Rede diesem Thema widmen.

Auch die Kirchenfrauen waren als Teil des Frauenstreikkomitees am 14. Juni aktiv. Konkrete Forderungen an den Kanton haben sie nicht, schliesslich gehe es um die Gleichberechtigung auf allen Ebenen in der Kirche. Die kantonalen Kirchenfrauen schliessen sich den Forderungen des Schweizerischen Verbunds an. «Wir haben demnächst eine Sitzung, um das zu diskutieren», sagt die Präsidentin des Aargauischen Katholischen Frauenbunds, Pia Viel. Sicher ist: «Wir sind auf der gleichen Linie mit den Anliegen aus dem Frauenstreik. Auch jenen, die Gleichberechtigung für Menschen der LGBTQI-Bewegung verlangen.»

Zeitung reformiert Magazin der reformierten Kirche

AARAU

Reformiert

26.06.2019

Anouk Holthuizen

Auf dass die Männer da oben es hören

Frauenstreik / Vroni Peterhans, die Vizepräsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds, hat wochenlang auf den 14. Juni hingelebt. Ihre Rede wurde immer wieder von langem Applaus unterbrochen.

Auf dem Schlossplatz in Aarau gibt es kaum ein Durchkommen. Tausende Frauen und einige Männer lauschen dicht gedrängt den Rednerinnen auf der Bühne. Gerade begrüssen sie klatschend die vierte und letzte, die Vizepräsidentin des Schweizerischen Katholischen Frau-enbunds. Mit Schwung steigt eine Frau mit kurzen grauen Haaren und Brille aufs Podium. Auf ihrem Kopf thront eine pinke Bischofsmütze aus Pappe mit der Aufschrift «Gleichberechtigung. Punkt. Amen». Lächelnd stellt die 56-Jährige einen lila Gummistiefel aufs Rednerpult. Gleich wird Vroni Peterhans zu einer flammenden Rede ansetzen. Es wird ihr grösster Auftritt sein, den sie je hatte.

Ohne Frauen keine Kirche

Fünf Stunden zuvor, kurz nach dem Mittag. Vroni Peterhans steigt daheim in Künten aufs Velo, fährt zur Bushaltestelle, nimmt dort den Bus bis Mellingen, dann den Zug nach Aarau. Beim Aufstehen heute Morgen hatte sie sich kurz den Abend herbeigesehnt, wenn alles vorbei sein würde. Jetzt war der Tag da, auf den sich ihr Leben in den letzten Wochen ausgerichtet hatte: der 14. Juni, Frauenstreiktag. Beim Frühstück wich die bange Frage, ob alles gut gehen würde, dann aber zunehmender Euphorie. Im Zug sagt sie: «Ich freue mich sehr auf meine Rede. Das ist für die katholischen Frauen eine Riesenchance.» Denn der Frauenstreik ist für zahlreiche Frauen zugleich ein Kirchenstreik, initiiert von feministischen Theologinnen, der Zeitschrift «Fama» und evangelischen und katholischen Frauenverbänden. Die Kirche würde nicht funktionieren ohne die Frauen. Doch in Leitungsgremien sind sie untervertreten, auch bei den Reformierten. In der katholischen haben sie zudem keinen Zugang zu den Weiheämtern.

Andacht mit rosa Mitren

In Aarau läuft Peterhans zum Pfarrhaus der Kirche Peter und Paul. Im Erdgeschoss basteln Frauen Mitren und dekorieren die traditionellen Kopfbedeckungen von Bischöfen mit Spitzenbändern und Glitzersteinen. Vroni Peterhans schüttelt Hände, plaudert, lacht. Bei einem Schluck Wasser aus ihrer Flasche sagt sie: «Ich lebe meinen Glauben in einer tollen Gemeinschaft. Sie lässt mich vergessen, was die erstarrten Kirchenoberen bieten.» Viele Bekannte würden nicht mehr dran glauben, dass sich in der Kirche etwas ändere. «Ich kann nicht aufgeben. Es ist doch logisch, dass wir gleichberechtigt zusammenarbeiten müssen, wenn die Kirche überhaupt überleben soll.»

Als die Turmuhr 15 Uhr schlägt, ziehen die Frauen zum Schlossplatz los. Dort beginnt in wenigen Minuten der Sitzstreik des Aargauischen Katholischen Frauenbunds und der Landfrauen statt. Auf dem Platz setzen sich die Frauen auf den Boden. Einige stellen violette Gummistiefel neben sich hin – ihr Symbol dafür, dass sie «aus dem Kirchensumpf» waten wollen.

Vroni Peterhans blickt sich um. «Ich dachte, da kommen höchstens einige Dutzend!» Tatsächlich setzen sich viel mehr Frauen hin. Um vier Uhr gehen die Mitra-Trägerinnen zurück zur Kirche. Im Altarraum stellen sie sich in einen grossen Kreis, singen und bitten starke Bibelfrauen um Unterstützung. Eine Rednerin schliesst die kurze Andacht mit den Worten: «Gott steht an der Seite aller, die Unrecht erleiden und Recht erstreiten.» Beim Hinauslaufen schwingt Vroni Peterhans ihre Mitra. «Auf zur Demo!»

Eigener Demoruf

Der Schlossplatz ist nun knallvoll. Die Schulen sind aus, viele junge Frauen und Männer sind hinzugekommen. Die Katechetin aus Künten lacht erfreut: «Ich dachte, es käme nur die alte Kampftruppe!» Als sich der Zug in Bewegung setzt, drängen die Kirchenfrauen nach vorne. Laut rufen sie die Demosprüche mit und erfinden beim Anblick der Männer am Strassenrand einen eigenen: «Männer lasst das Stehen sein, reiht euch in die Demo ein!» Die Männer wollen nicht.

Als die Demonstrantinnen zurück auf dem Schlossplatz sind, stellt Vroni Peterhans sich direkt vor die Bühne und zückt einen Kamm. «Das muss schon ordentlich aussehen.» Sie zieht ihn durch die Haare. Aufmerksam hört sie den Reden zu, nickt, klatscht, ruft zustimmend «genau!» Dann ist sie an der Reihe.

Mit ruhigen, klaren Worten fordert sie, dass die Kirche endlich das nach innen lebt, was sie nach aussen predigt: die Gleichwertigkeit aller Menschen. Ihre Rede, die sie für eine Dauer von sechs Minuten vor-bereitete, dauert wegen dem vielen Applaus und an die Kirchenoberen gerichteten Buh-Rufe viel länger. Als sie wieder ihren Platz vor der Bühne einnimmt, wischt sie sich den Schweiss von der Stirn und sagt: «Ein super Mikrofon! In der Kirche chrost es oft.»

Newsletter Logo Frauen*streik

Aargau

Frauen*streik Aargau

20.06.2019

Lea Carucci

Newsletter Frauen*streik Aargau

Liebe Unterstützer*innen vom feministischen Streik im Aargau

Der 14. Juni 2019 ist schweizweit mit über 500'000 Teilnehmer*innen in die Geschichte eingegangen - und in unsere Herzen!

Das Aargauer Komitee ist stolz auf die hohe Beteiligung am Frauen*streik vom 14. Juni 2019. Über 2500 Menschen haben an den Aktionen teilgenommen, welche tagsüber an 11 Standorten im ganzen Kanton Aargau stattgefunden haben, 500 alleine am Sitzstreik, zu dem die Landfrauen und der katholische Frauenbund aufgerufen haben. Höhepunkt des Frauen*streiktages bildete die Demonstration und Kundgebung auf dem Schlossplatz in Aarau an der rund 3500 Personen teilnahmen. Bemerkt sei, dass auch die Banhofstrasse nicht um diese laute, bunte Gruppe herumkam... Total gab es also den ganzen Tag rund 7000 Teilnehmer*innen an allen Programmpunkten im Kanton Aargau!

Nächstes Treffen

Das Aargauer Komitee hat sich am 18.6. bereits zur Nachbesprechung getroffen und ist sich einig: es muss weitergehen- auch im Aargau! Am 14. August 18:30 Uhr im Volkshaus Aarau treffen sich alle interessierten Personen und diskutieren darüber, wie wir den Forderungen vom Manifest Nachdruck verleihen und wie wir weiter zusammenarbeiten möchten. Komm vorbei und diskutier mit!

Wir bleiben am Ball:
Fotos und Medienberichte
Aufruf an Dich

Manifest als Download

Weitere Infos findest du auf unserer aufgeschalteten Homepage www.frauenstreik-aargau.ch

Gedankt sei allen, die ihre Zeit und Energie zu Verfügung stellten, um das Programm auf die Beine zu stellen und für einen reibungslosen Ablauf des Frauen*streiktages im Kanton Aargau sorgten. Wir danken allen, die an Diskussionen teilnahmen, Reden und Vorträge hielten und dafür sorgten, dass Frauen*anliegen gehört und ernst genommen werden.

Ein letztes Mal...
Für die feministische Revolution
Für das Frauen*streik-Komitee Aargau,
Lea Carucci, Streiksekretariat

Nächste Daten

24. Juni: Nationale Koordination Nachbesprechung (14:15 Bern, Movendo)
25. Juni: Podium „Frauenstreik 2020?“ JUSO Aargau, Naturama Aargau
29. Juni: Klimafest Aarau
25. Juli: Übergabe Frauen*streik-Aargau Petition an Grossratssitzung
17. August: Fest der Solidarität Tennwil
22. - 25. August: Feministisches Wochenende www.femwo.ch
11. - 13. Oktober: LILA Festival

Zeitung Horizonte Magazin der katholischen Kirche

SCHWEIZ

Horizonte

17.06.2019

Anne Burgmer

Frauen*Kirchenstreik: «Geduld hilft nicht!»

Basteln im Pfarrhaus, Sitzstreik auf dem Schlossplatz Aarau, Ahninnengedenken in der Kirche und im Anschluss raus auf die Strasse: Die Frauen vom AKF sowie Mitarbeiterinnen der Fachstelle Bildung und Propstei der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau hatten ein straffes Programm am Frauenstreiktag. Die Stimmung dabei war gut und kämpferisch. «Wir sind hier, weil wir nicht den Eindruck haben, dass sich seit 1991 viel geändert hat», sagt eine Frau trocken. Sie hält den Streikpunkt mit dem Kurzgebet «Gleichberechtigung. Punkt. Amen» in ihrer Hand.

Pink, pink, pink und blau

Den pinken Punkt sah man allerorten. Ebenso die pinken Mitren, die die Frauen zuvor im Pfarrhaus Peter und Paul gebastelt hatten. Unterstützt wurden sie von den Männern der Fachstelle Bildung und Propstei und der Fachstelle Jugend und junge Erwachsene, die – zufällig alle eher blau gekleidet, – aus verschiedenen Gründen an diesem Tag dabei waren. Sie kochten, servierten, räumten auf und waren nachher ebenfalls im Demonstrationszug dabei. Es gehe ja darum, dass das Leben in allen Bereichen für beide – Frauen und Männer – gerechter gestaltet werde, so der Tenor.

Am Ende der Geduld

Schon immer haben Frauen sich dem widersetzt, was ihnen von Männern gesagt wurde, hiess es später beim Ahninnengedenken in der Kirche Peter und Paul. Beginnend bei den Hebammen, die sich im Buch Exodus dem Pharao widersetzen, wurden starke und selbstbewusste biblische Frauen in das Bewusstesein der versammelten Menschen um den Altar gerufen. 50 bis 60 Frauen und wenige Männer besuchten den spirituellen Impuls, der um den Widerstandstandstext der Theologin Jacqueline Keune herum aufgebaut war: «Mit Geduld werden wir die Verhältnisse des Unrechts nicht verändern und erst recht nicht beseitigen, das haben wir über die Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg erfahren und gelernt. Darum wollen wir uns sichtbar und hörbar machen und heute laut sagen: «Gleichberechtigung. Punkt. Amen!»

Aktionen auch am Wochenende

Dokumentationen zum Frauen*Kirchenstreik finden Sie auf www.frauenbund.ch Das katholische Medienzentrum kath.ch hat Impressionen vom Freitag in einem kurzen Film verpackt.

Zeitung Zofinger Tagblatt

ZOFINGEN

Zofinger Tagblatt

14.06.2019 19:38

Lilly-Anne Brugger

«Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen»

Für das Organisationskomitee des Zofinger Frauenstreiks begann der Tag früh. Bereits um 5 Uhr verkleideten die Frauen zusammen mit männlichen Unterstützern die Thutstatue mit einem violetten Rock. Nächster Programmpunkt war dann das Streik-Zmittag ab

11 Uhr in der Markthalle Zofingen. Männer der SP Oftringen haben Risotto gekocht. Gereicht haben die 200 Portionen am Ende nicht für alle Besucher. Schnell wurden noch einige Tische aufgestellt, damit immerhin alle einen Sitzplatz fanden. «Wir haben mit rund 100 Personen gerechnet», sagte Viviane Hösli und zeigte sich begeistert, dass nun vermutlich die dreifache Zahl vorbeigekommen war. Anwesend waren nicht nur Frauen, sondern auch einige Männer und Kinder. Viviane Hösli wünschte sich einen kämpferischen Frauenstreik. «Damit es endlich vorwärtsgeht mit der Gleichstellung von Männern und Frauen.»

«Gas geben in Aarau»

Kurz bevor das Risotto gar war, schaute die in Zofingen wohnhafte Grossratspräsidentin Renata Siegrist-Bachmann vorbei und freute sich, dass so viele Personen für die Frauenrechte einstehen. Renata Bachmann betonte, dass dieser Streik nicht nur für die Rechte der Schweizer Frauen kämpfe, sondern auch für Frauenrechte auf der ganzen Welt. Siegrist ermutigte die Frauen: «Auch wenn es aussieht, als sei noch nicht viel erreicht, es hat sich doch schon einiges getan.» Sie wünschte sich einen energiegeladenen Anlass – nicht nur in Zofingen. «Gebt auch in Aarau richtig Gas», rief sie die Anwesenden auf. Dies tat eine grosse Gruppe anschliessend an die Feier. Gemeinsam machten sie sich mit vielen Plakaten auf den Weg an die Demo und die Kundgebung in Aarau.

«Frauen verdienen mehr»

In ihrer Streikrede vor der Markthalle Zofingen führte Caro van Leeuwen, Feministin, Migrantin und Ethnologin, aus, warum gestreikt wird: «Frauen verdienen mehr. Mehr Geld, mehr Zeit und mehr Respekt.» Nach dem Streik 1991 brauche es heute wieder einen Weckruf, damit sich Wirtschaft, Politik und Gesellschaft änderten. Van Leeuwens Wunsch ist jedoch, dass Männer und Frauen miteinander und nicht gegeneinander kämpfen. Ihre Forderung nach einem Elternschaftsurlaub, der auch Väter einbeziehe, wurde spontan mit Applaus bedacht. Caro van Leeuwen dankte der älteren Generation, den Müttern und Grossmüttern, die 1991 gestreikt haben und auch schon viel früher für die Rechte der Frau gekämpft haben. «Wir haben schon viel erreicht, aber wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen.»

Zeitung Schweiz am Wochenende

AARGAU

Schweiz am Wochenende

14.06.2019 18:26

Andrea Weibel

30 Frauen und 4 Männer streikten: Frauenstreik-Zmittag in Wohler Bleichi

Auch in der Wohler Bleichi fand am Freitag ein Frauenstreik-Zmittag – bevor die meisten Frauen wieder arbeiten gingen.

«Wir schreiben heute Geschichte», sagte Mia Gujer gestern in der Bleichi Wohlen. Die Vize-Präsidentin der SP-Frauen Aargau freute sich, dass zwei der aufgestellten Tische mit streikenden Frauen und solidarischen Männern voll waren. «Zusammen mit uns streiken 100'000 Frauen in der ganzen Schweiz. Das ist toll, aber eben doch nicht», sagte die 24-Jährige. Sie sprach darauf an, dass vor genau 28 Jahren eine halbe Million Frauen im ganzen Land gestreikt und Forderungen vorgetragen haben – diese aber im Sand verlaufen sind. Sie zählte eine ganze Liste von Forderungen auf, beginnend beim Mutterschutz und dem viel zu teuren Kinderbetreuungssystem über all die Arbeit, die Frauen unentgeltlich leisten, bis hin zur AHV, da Frauen im Rentenalter durchschnittlich viel weniger Geld zur Verfügung hätten als die Männer.»

«Aber Forderungen allein reichen nicht, sie müssen auch umgesetzt werden», sagte sie zum Schluss. «Und dafür sind unsere Parlamente zuständig – die ebenfalls zum Grossteil aus Männern bestehen.» Am 20. Oktober sind Nationalratswahlen: «Zeit, die Verhältnisse umzukehren! Ich will in 28 Jahren nicht nochmals die gleiche Rede halten müssen», schloss Gujer ihre Rede und erntete viel Applaus von den anwesenden Frauen und Männern.

Männer helfen am Streiktag

Die meisten der Tische und Bänke in der Wohler Bleichi blieben am Frauenstreik-Mittagessen, das Sandro Covo, Präsident der Juso Aargau und der SP Bezirk Bremgarten, organisiert hatte, jedoch leer. Was sagt das über eine so grosse Gemeinde wie Wohlen und das Freiamt aus? Mia Gujer ist nicht enttäuscht: «Ich finde es toll, dass überhaupt so viele gekommen sind. Der Aargau ist ein eher bürgerlicher Kanton. Und es streiken nicht alle Frauen gleich. Einige sind vielleicht bereits nach Aarau gegangen, andere können bei der Arbeit nicht fehlen, aber machen vielleicht einfach eine längere Kaffeepause oder überlassen heute ihren Männern die Aufsicht über die Kinder. Ich freue mich über alle, die beim Frauenstreik mitmachen, jede eben auf ihre Art.» Doch warum wurde die Veranstaltung in Wohlen denn von einem Mann organisiert? «50 Prozent der Bevölkerung sind Frauen, die anderen 50 Prozent sind aber Männer», hält Gujer lächelnd fest. «Ich finde es schön, wenn auch sie sich für unsere Rechte einsetzen und am Streiktag helfen.»

Solidarität in die Zukunft tragen

Auch Juso-Vizepräsidentin Lara Hitz wandte sich an die Frauen in Wohlen. Sie zeigte auf, weshalb sie traurig und wütend, jedoch auch hoffnungsvoll ist. Sie erzählte, wie einige männliche Grossratsmitglieder gebuht hätten, als Hitz und andere Frauen letzte Woche ein Transparent zum Frauenstreiktag aufgehängt hätten. Das machte sie traurig und wütend. Doch die Solidarität all der Streikerinnen und solidarischen Streiker machten sie hoffnungsvoll. «Ich hoffe, dass die Solidarität zwischen den Streikenden am heutigen Tag auch in Zukunft beibehalten wird», sagte sie und forderte alle auf, draussen mit Farben und Stoff weitere Transparente zu basteln. Um 14.46 Uhr würden alle, die konnten und wollten, gemeinsam mit dem Zug von Wohlen nach Aarau fahren, um dort am Sitzstreik teilzunehmen.

Die meisten der Teilnehmerinnen standen jedoch gleich nach dem Mittagessen auf – sie mussten arbeiten. «Ich will ein Zeichen setzen, mir sind die Gleichstellung der Frauen und vor allem eben die Chancengleichheit der Frauen in allen Lebenslagen wichtig. Darum bin ich hier. Ich werde nachher im Büro an die anderen in Aarau denken», sagte eine Teilnehmerin, bevor sie ihre Tasche packte und ging. Die Organisatoren finden das absolut in Ordnung. Jede streike auf ihre Art.

Zeitung Schweiz am Wochenende

RHEINFELDEN

Schweiz am Wochenende

14.06.2019 18:40

Nadine Böni

100 Frauen demonstrierten vor dem Rathaus – und stellten Forderungen an den Stadtrat

Die pinken Ballons sollen ein Umdenken bewirken. Die Rheinfelder Frauen stellten Forderungen an die Politik – mit einem eigenen Rheinfelder Manifest.

Den lautesten Applaus erhielten die Rheinfelder Stadthostessen. Sie sollen künftig an städtischen Anlässen als Gastgeberinnen auftreten – und nicht mehr als «wortlose Flankierung neben das Rednerpult positioniert werden», wie es Béa Bieber, ehemalige Stadträtin (GLP), ausdrückte.

Bieber hat gemeinsam mit fünf Frauen der SP, Grünen, CVP und IP (integralen Politik) verschiedene Programmpunkte zum Frauenstreik in Rheinfelden organisiert. Gemeinsam mit knapp 100 Frauen demonstrierten sie am Freitagnachmittag vor dem Rathaus für die Gleichstellung der Geschlechter, gegen Sexismus und Diskriminierung. Brigitte Rüedin, ehemalige SP-Stadträtin und ebenfalls Mitorganisatorin, erinnerte dabei auch an den letzten Frauenstreik 1991. Dieser habe einiges bewirkt, sagte Rüedin und erwähnte unter anderem an den Mutterschaftsurlaub. «Dennoch stagniert die Gleichstellung», so Rüedin. Es sei daher Zeit, erneut auf diesen Missstand aufmerksam zu machen.

Stadt mit Vorbildfunktion

Neben dem Aargauer Manifest präsentierten die Frauen dabei auch ein Rheinfelder Manifest. Darin sind drei konkrete Forderungen enthalten. So soll bei Bewerbungen und Anstellungen auf der Stadtverwaltung Chancengleichheit geschaffen werden – und zwar, indem die Bewerbungen anonymisiert beurteilt werden. «Eine Stadt wie Rheinfelden muss hier eine Vorbildfunktion einnehmen», sagte Bieber.

Weiter forderten die Frauen von der Stadt, die Möglichkeit von Teilzeitarbeit für Männer und Frauen mit weniger als 80 Stellenprozenten zu bieten sowie die Kommissionen und Gremien «nach Aspekten der grösstmöglichen Diversität» zu besetzen, so Bieber.

Jede der Forderungen wurde von den Anwesenden mit Applaus begrüsst. Am lautesten eben die Forderung zu den Stadthostessen. Deren bisherige Auftritte als Begleiterinnen von männlichen Amtsträgern gehöre nicht in die heutige Zeit, sagte Bieber. «Das passt nicht ins Bild eines fortschrittlichen Rheinfeldens.» Die Frauen übergaben das Rheinfelder Manifest an Stadtrat Walter Jucker. Der zeigte sich ob der Anzahl an streikenden Frauen vor dem Rathaus beeindruckt. «Ich habe grossen Respekt dafür, dass Sie hier für Ihre Anliegen einstehen», sagte er. Das Manifest werde nun im Stadtrat diskutiert. «Wir nehmen die Anliegen ernst», so Jucker.

Steik auch in Wittnau

Nach der Übergabe des Manifests liessen die Frauen dutzende pinke Ballone in den grau verhangenen Himmel steigen. «Auf dass sie ein Zeichen senden und etwas bewirken können», so Rüedin. Auch andernorts im Fricktal machten Frauen am Frauenstreik mit. So etwa in Wittnau, wo sich Frauen über Mittag bei einer Wähe trafen und über Themen wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie diskutierten.

Zeitung Schweiz am Wochenende

AARGAU

Schweiz am Wochenende

14.06.2019 17:46

Fabian Hägler

Forderungskatalog geht auf violettem Banner durch die Strassen Aaraus

Die Aargauerinnen verlangen in einem Manifest mehr Lohnkontrollen, mehr AHV für schlecht Verdienende – und einen Sockelbeitrag für das Frauenhaus.

«Ich habe mein lila T-Shirt von 1991 weggegeben... dachte, ich brauche es nicht mehr. Weit gefehlt!!!» Das steht auf einem Plakat am Frauenstreik in Aarau. «Schon vor 28 Jahren gingen Frauen auf die Strasse, noch immer ist die Gleichstellung nicht erreicht.» Das sagte SP-Politikerin Leona Klopfenstein, als sie um 11 Uhr vor dem Rathaus mehrere Dutzend Frauen und ein paar Männer zur Verkündung des Aargauer Manifestes begrüsste.

Dieses wurde von ihrer Parteikollegin Eva Schaffner in Form eines langen violetten Transparents vom Balkon heruntergelassen, während Klopfenstein und SP-Kantonalpräsidentin Gabriela Suter die Forderungen verlasen.

Der erste Frauenstreik 1991 habe zwar Verbesserungen gebracht: Mutterschaftsurlaub, Splittung in der AHV, Fristenlösung und Massnahmen gegen häusliche Gewalt. Dennoch stagniere die Gleichstellung und Frauen seien nach wie vor Sexismus, Diskriminierung, Stereotypisierung und Gewalt ausgesetzt, steht im Manifest. Die Forderungen der Frauen betreffen diverse Bereiche. Eine substanzielle Erhöhung der AHV bei tiefen Löhnen, Lohnkontrollen und Sanktionen für Verstösse gegen Lohngleichheit, mehr Betreuungsangebote für Kinder und alte Menschen, Elternurlaub mit einem freien Monat für den Vater, Vergütung von Verhütungsmitteln durch Krankenkassen, spezialisierte Anlaufstellen für geflüchtete Frauen, Gleichberechtigung für Frauen in der Kirche, mindestens 50 Prozent Frauenanteil auf Wahllisten sind einige Beispiele.

Bei jedem Punkt brandete Applaus aus der Menge auf, die sich vor dem Rathaus versammelt hatte. Auch ein kantonales Anliegen verlasen Klopfenstein und Suter: Sie fordern Sockelbeiträge für das Frauenhaus Aargau-Solothurn, «damit dessen Fortbestehen dauerhaft gesichert ist und das Personal gerecht bezahlt werden kann».

Stadträtin Angelica Cavegn Leitner und Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker hörten aufmerksam zu – auch als Suter sie aufforderte, das Manifest im Rathaus aufzuhängen. Ob dies passiert, bleibt vorerst offen, nach der Verkündung wurde das violette Transparent zum Haus zur Zinne getragen. Dort kam zuerst Bea Bossard, Präsidentin der Gemeinnützigen Frauen Aarau, zu Wort. «Es ist beschämend, wie wenig Geld der Bund für die familienergänzende Betreuung ausgibt», sagte sie mit Blick auf die 23 Millionen Franken, die jährlich zur Verfügung stehen.

Es brauche kostenloses Engagement von Freiwilligen, damit Krippenangebote möglich seien. Verglichen mit Salären von Bankern seien die Löhne der Kita-Angestellten, die für Kinder verantwortlich sind, viel zu niedrig.

Jolanda Urech, bisher einzige Aarauer Stadtpräsidentin, ermutigte die Frauen zu politischem Engagement. «Es gibt kein Patentrezept für Erfolg, nötig sind auf jeden Fall Beharrlichkeit und man muss sich Kompetenz erarbeiten», sagte sie. Urech erzählte, wie sie als Stadtpräsidentin für die Unterzeichnung der Charta für Lohngleichheit nach Bern gereist sei – und welche Frauen sie als Vorbilder sah. «Lilian Uchtenhagen, Micheline Calmy-Rey, Doris Leuthard und Anita Fetz haben mich immer sehr beeindruckt.»

Zeitung Schweiz am Wochenende

AARGAU

Schweiz am Wochenende

14.06.2019 19:49

Pirmin Kramer, Sarah Kunz, Claudia Meier

Bunte Aktionen in Baden, Brugg und Bad Zurzach: Mit so vielen Frauen rechnete niemand

400 bis 500 Frauen beim Badener Stadthaus, eine bunte Schar im Garten des Kulturhauses Odeon in Brugg und eine Grillade im Zurzacher Kurpark: Der Frauenstreik mobilisierte zahlreich.

«Unglaublich, die ganze Rathausgasse ist voll», sagte Connie Fauver, Co-Präsidentin von Frauen Aargau und Mitorganisatorin des Frauenstreiks in Baden. Schätzungsweise 400 bis 500 Frauen und Kinder – sowie auch einige Männer – waren gestern um 11 Uhr zum Badener Stadthaus gekommen, wo Stadtammann Markus Schneider das Manifest mit den zehn wichtigsten Forderungen entgegennahm.

Jede einzelne wurde vorgelesen (ohne Mikrofon, mit einer derart hohen Zahl an Streikenden war nicht gerechnet worden), gefolgt von Applaus, Jubel beziehungsweise Trillerpfeifen-Protest.

In Baden startete der Frauen-Streik um 7.30 Uhr mit Yoga auf der Wiese bei der reformierten Kirche; über 40 Frauen stärkten sich mit Sonnengrüssen für den Tag. Eine 61-Jährige sass daneben und schüttelte den Kopf: «Unglaublich, wie wenig sich in den vergangenen Jahrzehnten für uns Frauen gebessert hat.» Unverständnis äusserte sie über die «Ignoranz» der Frauen-Wandergruppe, die sie kurz zuvor beim Bahnhof gesehen hatte: «Wie kann man an einem solchen Tag wandern statt mitstreiken?»

Später versammelten sich Frauen in mehreren Quartieren sowie auch in Wettingen, um sich gemeinsam auf den Weg zum Badener Stadthaus zu machen. Fast jede nannte andere Gründe, warum sie an diesem Tag am Streik teilnahm. «Wir müssen zusammenhalten mit Frauen, die schlechter gestellt sind als wir», sagte Marianne Zehnder. «Und ich will darauf aufmerksam machen, wie viel Freiwilligenarbeit wir Frauen leisten. Ohne diese würde viel zusammenbrechen.» Alice Piazzesi, aufgewachsen in Mailand, erklärte: «Der Wiedereinstieg nach der Schwangerschaft wird den Frauen hier leichter gemacht.

In Italien aber ist die Betreuung der Kinder während der Schulzeit viel besser organisiert.» Bettina Meyer, die auf dem Familiengericht arbeitet, erklärte: «Ich bin nicht hier wegen mir, ich konnte immer schon machen, was ich wollte. Aber in meinem Arbeitsalltag begegne ich vielen Frauen, die alleine dastehen mit Kindern, aber keinen bezahlbaren Krippenplatz finden. Darum haben sie keine Zeit, um einer Arbeit nachzugehen, die so viel Lohn einbringt, dass sie davon leben können. Das ist ein grosses gesellschaftliches Problem.» Julia Kind marschierte mit, weil sie auf die wirtschaftliche Komponente der Benachteiligung von Frauen aufmerksam machen wollte. Sie wünscht sich, dass Frauen in höheren Gremien besser vertreten sind. Die 61-jährige Christine Etter sagte: «Für Frauen muss sich noch so viel verbessern. Aber ich will daran erinnern, dass wir auch schon einiges erreicht haben, beispielsweise das Frauenstimmrecht erkämpft haben. Ich hoffe, dass es immer wieder Vorkämpferinnen geben wird.»

Frauenpotenzial wird unterschätzt

In Brugg war im Gegensatz zum Grossaufmarsch in der Stadt Baden vor 12 Uhr noch wenig zu spüren vom Frauenstreiktag. Am Infostand vor dem Brunnen auf dem Neumarktplatz, wo die Organisatorinnen Flyer verteilten, plauderten drei Frauen. Nur wer ein paar Meter weiter ging, traf im Garten hinter dem Kulturhaus Odeon auf eine bunte Schar gut gelaunter Frauen und Männer. Die Einen sassen an den roten Tischen, die Anderen standen Schlange für die vegane Gratis-Streiksuppe, die von Lukas Huppenbauer und Ueli Basler mit frischen Zutaten zubereitet worden war.

So auch Bruggs Stadtammann Barbara Horlacher, die sich aus Frauensolidarität am Aktionstag beteiligte und den ganzen Tag nicht ins Stadthaus ging, am Abend aber den offiziellen Anlass am Schulschlussessen wahrnahm. «Ich selber habe zwar das Glück, dass ich in einer privilegierten Situation aufgewachsen bin. Dennoch finde ich es wichtig, dass man auf die nach wie vor aktuellen Themen wie beispielsweise Lohnungleichheit und Vorsorgelücken bei Frauen hinweist», hielt Horlacher fest.

Musikerinnen sorgten auf der kleinen Bühne für gemütliche Gartenfeststimmung, bevor das Manifest unter anderen von zwei Kindern, die sich selber dafür gemeldet hatten, vorgelesen wurde. Unter den Zuhörerinnen war auch Ursula Renold, Präsidentin des Fachhochschulrats, mit violettem Kleid, violetter Handtasche und violetten Schuhen. Die 58-Jährige bekleidet im Wissenschaftsbetrieb, der «hochgradig von Männern dominiert ist», mehrere Führungspositionen und weiss, dass es in Sachen Gleichstellung auf vielen Ebenen noch grossen Handlungsbedarf gibt. «Leider wird das Potenzial der Frauen in Führungspositionen noch immer stark unterschätzt», sagte Renold. Um in der Gesellschaft etwas zu verändern, müsse man sich zudem selber engagieren. Sie sei auch stellvertretend für die Schwächsten hier, die an diesem Aktionstag nicht teilnehmen können, aber gerne würden.

Für die 51-jährige Judith Fuchs und die 64-jährige Marianne Strebel war es im Odeon Garten die erste Teilnahme an einem Frauenstreiktag. Warum sie sich 1991 nicht am nationalen Aktionstag beteiligt hatten, konnten sie nicht sagen. Strebel begrüsste es, dass auch ein paar Männer den Weg hinter die Mauern des «Odeons» gefunden hatten. Denn ohne Männer gebe es keine Gleichstellung.

Über 120 Portionen Streiksuppe wurden insgesamt verteilt. Die Organisatorinnen, Nergis Kablan und Ligia Vogt, zeigten sich positiv überrascht über das Interesse am Brugger Aktionstag. «Es freut mich, dass alle Generationen so gut vertreten sind», sagte Vogt und hoffte, dass alle mit ihr nach Aarau kommen würden.

Grilladen gingen schnell weg

Violette T-Shirts, violette Banner und Fahnen, das Wort «Frauenstreik» in violetter Kreide am Boden geschrieben: Auch Bad Zurzach bekannte gestern Farbe. Im Pavillon beim Kurpark fand ein Mittagstisch mit Grill, Kaffee und Kuchen statt. Knapp 80 Frauen und einige Männer kamen zusammen, unterhielten sich gemütlich und applaudierten kräftig, als die beiden Organisatorinnen Elena Flach und Cybel Dickson das Manifest vorlasen. «Ich streike, weil ich in meinem Alltag immer wieder Ungleichheiten erlebe», sagte Flach. «Dagegen will ich etwas tun.»

Die Co-Präsidentin der SP Bezirk Zurzach wollte mit der Aktion aufmerksam machen und die Frauen aufwecken. Vor allem in Randgebieten sei es wichtig, die eigene Stimme wahrzunehmen. «Es nervt vielleicht, wenn wir immer wieder mit denselben Forderungen kommen», sagte Flach. «Aber solange noch keine Lösung auf dem Tisch ist, müssen wir auch weiterhin darüber sprechen.» So schienen das auch andere Zurzibieter zu sehen: Der Aufmarsch war grösser als erwartet. «Unsere Grilladen neigen sich bereits dem Ende zu», sagte Flach lachend. «Greift also besser schnell zu.» Nebst dem gemütlichen Beisammensein organisierten Flach und Dickson auch einen Siebdruck. Dort konnten T-Shirts und Taschen mit dem Logo des Frauenstreiks versehen werden. Im Hintergrund lief Musik. Natürlich von Frauen. Natürlich über Frauen.

Radio Radio Argovia

Aargau

Argovia

14.06.2019

Michael Wettstein, Marc Trevisan

Hunderttausende Frauen fordern Gleichstellung

Der dezentral organisierte zweite Frauenstreik in der Schweiz vermochte landesweit stark zu mobilisieren. Die Organisatorinnen gehen von Hunderttausenden von Frauen aus, die gleiche lange Spiesse im gesellschaftlichen, beruflichen und privaten Leben einforderten.

Bereits vor Beginn der Gross-Kundgebungen in den verschiedenen Landesteilen sei klar, dass sich am Frauenstreik 2019 Hunderttausende Frauen beteiligt haben, schrieb der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) am Freitagabend in einer ersten Einschätzung. Allein bei den Aktionen bis zum Mittag hätten schweizweit gegen 100'000 Personen an den Aktionen auf der Strasse und in den Betrieben teilgenommen.

Auch in Aarau streikten die Frauen

In praktisch allen Städten sowie vielen grösseren Gemeinden fanden Aktionen und Kundgebungen mit einigen hundert bis mehreren tausend Teilnehmenden statt. In Basel brach der Verkehr in den Innenstadt gemäss dem Korrespondenten der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am späten Nachmittag zusammen. Mehrere tausend Frauen jeglichen Alters und einige Männer waren auf der Strasse.

In der Westschweiz wurden Dutzende Schulen und Kindertagesstätten bestreikt. Kristallisationspunkt des Kampftages war jedoch der Berner Bundesplatz. Dort verschafften sich um 11 Uhr tausende Frauen mit Pfannendeckeln, Hörnern, Trillerpfeifen, Rasseln und Rätschen Gehör. Bis Mittag beteiligten sich allein in Bern insgesamt rund 10'000 Frauen und Männer am Streik, wie die Veranstalterinnen mitteilten.

Um 11 Uhr war der Moment, in dem laut Streikaufruf im ganzen Land die Frauen ihre Arbeitsplätze verliessen und mit viel Lärm und Transparenten auf sich aufmerksam machten.

Politikerinnen baden in der Menge

Gestreikt wurde auch im Nationalrat. Präsidentin Marina Carobbio (SP/TI) unterbrach die Sitzung für eine Viertelstunde und der Ratssaal leerte sich rasch. Viele Vertreter der SVP blieben indes an ihren Plätzen sitzen. Auf dem Bundesplatz mischten sich Politikerinnen inklusive Bundesrätin Viola Amherd unter die Frauen. Sie wurden von der Menge lautstark begrüsst.

Aus Fenstern des Bundeshauses wurden vorübergehend violette Tücher geschwenkt. Dass die Parlamentarierinnen nur eine kurze Zeit an der Kundgebung auf dem Bundesplatz teilnahmen begründeten sie damit, dass sie die Männer im Bundeshaus nicht einfach abstimmen lassen wollten, wie Grünen-Präsidentin Regula Rytz sagte.

Männer kochen für streikende Frauen

Nächster Fixpunkt im beinahe unüberschaubaren Programm war sechs Minuten vor halb vier am Nachmittag ein sogenannter "Freeze" auf dem Bundesplatz. Gemäss Streikaufruf sollte um 15:24 Uhr jede Frau Feierabend machen, sonst arbeite sie angesichts der Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau den Rest des Tages gratis.

Tausende Frauen auf Bundesplatz zählten von fünf auf null herunter und erstarrten dann für eine Minute. Nach einer Minute war der "Freeze" beendet und es folgte ein grosses Pfeifkonzert. Zur Abendkundgebung strömten 40'000 Frauen.

In Lausanne formten die Kundgebungsteilnehmerinnen vor dem Unispital CHUV die genaue Uhrzeit dieses Moments. An der abendlichen Kundgebung beteiligten sich 30'000 Frauen.

Nichts ging mehr um die Mittagszeit rund um den Zürcher Hauptbahnhof: Mehrere hundert Demonstrantinnen des Frauenstreiks hatten sich auf die Tramgeleise beim Central gesetzt und den Verkehrsknotenpunkt mit Bändern abgesperrt. An der Schlusskundgebung nahmen 70'000 Frauen teil.

Einige Demonstrantinnen waren allerdings nicht ganz friedlich gestimmt und griffen Fotografen an. Die Stadtpolizei teilte zudem mit, dass die Blockade die Rettungsfahrzeuge behindere. Schliesslich beendeten die Demonstrantinnen die Blockade und zogen weiter. In Bern wurde eine Frau mit Kot beworfen.

Grösste Demo der jüngeren Geschichte

Die Organisatorinnen bezeichneten den zweiten Frauenstreik als grösste politische Demonstration der jüngeren Geschichte. Nach ihren Schätzungen dürften sich mehr Frauen beteiligt haben als 1991, wo es eine halbe Million waren. Besonders bemerkenswert waren die vielen jungen Frauen, wie das Streikkomitee mitteilte. Insgesamt dürften bei den verschiedenen Aktionen und Demonstrationen Hunderttausende von Frauen für ihre Anliegen eingetreten seien.

Bereits am Mittag hatte sich die Gewerkschaft Unia begeistert geäussert über den Verlauf des Frauenstreiks: Die grosse Resonanz und Mobilisierung zeige, dass die Verbesserung der Lebens und Arbeitsbedingungen "überfällig und bitter notwendig ist". Der Tag zeige überdeutlich, dass die Gleichstellung der Geschlechter eine der sozial drängendsten Fragen der Schweiz sei.

Einen handfesten Erfolg gab es aus Luzern zu vermelden: nach drei Stunden Streik hat der Arbeitgeber einer Reinigungsfirma gemäss SGB den Mitarbeiterinnen zugesichert, dass Vor- und Nachbearbeitungsarbeiten sowie die Reisezeit ab sofort bezahlt werden.

Solidarität gab es auch aus den USA: Mitarbeiterinnen von McDonalds, die sich derzeit in den USA wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz im Streik befinden, sind am Freitag nach Zürich gereist, um sich ihren Schweizer Kolleginnen am Frauenstreiktag anzuschliessen.

Auch am Jahreskongress der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf war der Frauenstreik ein Thema. Mit dem Kampf gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt sowie gegen Ungleichheit standen zwei zentrale Themen des Frauenstreiks im Zentrum der Debatten.

Turmwächterablösung in Lausanne

Begonnen hatten die Aktionen in Lausanne. Dort trafen sich in den frühen Morgenstunden zum Auftakt rund 500 Frauen, die auf die Anliegen des weiblichen Geschlechts mit Transparenten aufmerksam machten. Auch lösten Frauen den Turmwächter von Lausanne ab und schrien die Uhrzeit ins Dunkel hinaus.

Bereits am frühen Morgen war auch in Zürich bei der Hardbrücke die "Klitoris-Wanderung" gestartet . Das Ziel das Ziel der Aktivistinnen ist, dass aufgeklärt wird ohne Sexismus. In Basel wurde das höchste Haus der Schweiz, der Roche-Turm, mit dem Logo des Streiktages angestrahlt.

Dem Eidgenössischen Parlament wurde am Morgen eine Bittschrift übergeben, in der ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent für Damen-Hygieneprodukte gefordert wird. Diese Petition für eine tiefere Tamponsteuer haben mehr als 11'000 Personen unterschrieben.

Und Zeitungen zogen mit besonderen Aktionen mit. So erschien etwa der "Bote der Urschweiz" am Freitag als "Botin der Urschweiz".

Der 14. Juni ist ein Schlüsseldatum für die Gleichstellung von Mann und Frau in der Schweiz. 1981 hiess das Volk den entsprechenden Verfassungsartikel gut. 1991, zehn Jahre später, legten eine halbe Million Frauen in der Schweiz die Arbeit nieder, angeführt von den Gewerkschaften.

Zeitung Aargauer Zeitung

SCHWEIZ

Aargauer Zeitung

14.06.2019

Odilia Hiller

Zum Frauenstreik: Was nun gefragt ist, damit sich etwas ändert

«Dass es 28 Jahre nach dem ersten Frauenstreiktag noch immer notwendig ist, Verbesserungen einzufordern, kann man bedauern. Aber es darf nicht ernsthaft überraschen», schreibt Odilia Hiller, Mitglied der Chefredaktion von CH Media, in ihrem Wochenkommentar.

«Frauen first», hiess es am Freitag im ganzen Land. Wie im Jahr 1991 hatten ursprünglich gewerkschaftliche Kreise zum Frauenstreik aufgerufen. Doch auch diesmal sind Arbeitnehmerinnen, Mütter, Migrantinnen, Grossmütter, Studentinnen und Schülerinnen weit über das linke Spektrum hinaus auf die Strasse gegangen. Sie wollen vor allem eines: laut und deutlich auf die Missstände und strukturellen Ungerechtigkeiten hinweisen, denen Frauen in ihrem Alltag noch immer auf Schritt und Tritt begegnen.

Die Zahlen und Fakten sprechen für sich. Lohnungleichheit, der Karriereknick nach der Mutterschaft, das Armutsrisiko oder der nach wie vor niedrige Frauenanteil in Politik und Chefetagen sind dabei nur einige Stichworte. Der 14. Juni war der Tag, an dem alles wieder einmal zusammengetragen wurde mit dem Ziel, der Wut und dem Frust Luft zu verschaffen – und Verbesserungen einzufordern.

Die Vergangenheit hinterlässt Verkrustungen

Dass dies 28 Jahre nach dem ersten Frauenstreiktag noch immer notwendig ist, kann man bedauern. Aber es darf nicht ernsthaft überraschen. Vergangene Jahrtausende, in denen fast ausschliesslich die Männer über das Schicksal der Frauen richteten, wiegen schwer. Sie haben Verkrustungen hinterlassen, die sich nicht innert einiger Jahrzehnte aufbrechen lassen.

Müde machen allerdings die Zweifler, Relativierer und Bagatellisierer. Wir kennen sie alle: Ist denn das wirklich alles so schlimm? Wird sich das nicht von allein einpendeln? Warum die Aufregung? Ist das jetzt nicht alles ein wenig übertrieben?

«Dies muss nicht heissen, im steten Kampfmodus zu leben. Es darf aber noch weniger heissen, in der Opferrolle stecken zu bleiben.

Ja, die Forderungen der Gewerkschaften gehen teilweise sehr weit. Gratis-Verhütungsmittel für alle Frauen und Hausfrauenlöhne sind Ziele, über die man unterschiedlicher Ansicht sein kann. Es ist aber bekannt, dass es in der Politik – ähnlich wie auf dem Souk – nicht das Ungeschickteste ist, mit einer Maximalforderung in Verhandlungen einzusteigen. Zurückschrauben kann man immer noch.

Deshalb war es der Tag der Maximalforderungen. Der Tag der Wut, aber auch des Feierns berechtigter Anliegen, die in unserem Land nicht laut genug wiederholt werden können: Die Schweiz muss familienfreundlicher werden, wenn wir ernsthaft wollen, dass Frauen und Männer im Beruf die gleichen Aufstiegschancen erhalten. Es braucht echte Wahlmöglichkeiten für alle, damit zeitgemässe Familienmodelle und Karrierepläne entstehen können, die nach einer Mutterschaft nicht implodieren oder nur unter Aufbietung übermenschlicher Kräfte der Frau überleben.

Es braucht die Männer, um weiterzukommen

Denn so viel ist klar: Die Rechnung geht auch im Jahr 2019 für zu viele Frauen nicht auf. Sie reiben sich auf zwischen Partnerschaft, Familie, Job und Haushalt und verzichten viel zu oft auf viel zu viel. Krankheit, Erschöpfung, zerbrochene Ehen und Beziehungen sind nur einige der Auswirkungen dieser Doppel- und Dreifachbelastungen, die oft jahrelang andauern. Nicht zu reden von den Herausforderungen, die in unserem Land auf Alleinerziehende warten, die bisher kaum eine Lobby hatten.

Keine Frage, die Männer dürfen von dieser Diskussion nicht ausgeschlossen werden. Ohne sie geht gar nichts davon, was für die Sache der Frau getan werden muss. Immerhin unterstützen weit mehr Schweizer als vor 28 Jahren den heutigen Frauenstreiktag ideell oder praktisch, indem sie am Streik mitlaufen oder dafür sorgen, dass die Arbeitswelt heute nicht zusammenbricht.

Was aber können wir tun, damit die hehren Wünsche, die von den Redepulten schallen, etwas bewirken – und nicht gleich wieder verhallen?

Die Frauen selber können sehr viel machen. Sie können noch mutiger werden. Sich viel öfter an den Worten «Ich will» oder «Ich will nicht» versuchen. Sich Gehör verschaffen und Risiken eingehen. Sie können versuchen, Töchter heranzuziehen, die weniger Angst haben, sich zu exponieren, und die sich trauen, Entscheidungen in einer Freiheit zu treffen, die früheren Mädchengenerationen weder anerzogen noch zugestanden wurde.

Dies muss nicht heissen, im steten Kampfmodus zu leben. Es darf aber noch weniger heissen, in der Opferrolle stecken zu bleiben. Nur dann kann das Potenzial genutzt werden, das in der MeTooDebatte steckt. Der grösste Erfolg des Frauenstreiks wäre, wenn aus der Wut Kraft entsteht.

Zeitung we love Aarau

AARAU

we love Aarau

13.06.2019

Miriam Suter

«Ich bin kein Feminist, aber für Gleichberechtigung!»

Dieses Wochenende finden in Aarau gleich zwei Grossereignisse statt. Das zehntägige, eidgenössische Turnfest startet heute. Morgen findet der Frauenstreik mit zahlreichen Aktionen, einer Demo mit anschliessender Kundgebung, Musik und Party statt. Wie steht Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker zu den Anliegen der Gleichberechtigung?
Herr Hilfiker, wenn man auf Webseite der Stadt Aarau das Wort «Gleichstellung» in die Suche eingibt, liefert sie keine Ergebnisse. Auf einer Skala von 1 bis 10, welche Bewertung geben Sie der Stadtverwaltung bezüglich Gleichstellung?

Ich würde sagen, wir liegen bei einer guten Acht.

Warum?

Wir haben im Bereich des Personalreglements Fortschritte gemacht, indem wir es letztes Jahr vollständig revidiert haben. Das war sicherlich ein grosser Schritt in Sachen Gleichstellung. Auch was die Funktionsbesetzungen angeht sind wir gut dabei: Sowohl politisch im Stadtrat als auch in der Leitung der Verwaltung haben wir seit Jahren eine sehr starke Frauenvertretung. Mehrere Abteilungen werden von Frauen geleitet – seit Jahrzehnten – die sozialen Dienste etwa oder die Finanzverwaltung der Stadt. Und auch verschiedene Institutionen wie das Stadtmuseum oder die Stadtbibliothek werden von Frauen geleitet. In der vorherigen Legislatur waren vier von sieben Mitgliedern des Stadtrats Frauen, heute sind es immerhin noch drei. Ich glaube, wir sind da wirklich gut aufgestellt.

Mit dem neuen Personalreglement der Stadt sind 20 Tage Vaterschaftsurlaub eingeführt worden.

Genau, ausserdem gibt es für die Angestellten flexible Arbeitszeiten und wir haben das Pensionsalter angeglichen (65 Jahre für Frauen und Männer, Anm. d. Red.).

Eine Acht auf der Gleichstellungs-Skala für die Stadtverwaltung ist ja schon sehr gut. Was muss noch geschehen, damit die fehlenden zwei Punkte bis zur Zehn dazukommen?

Verbesserungen sind immer möglich. Aus meiner Sicht gibt es zwar keinen akuten Brennpunkt. Schwierigkeiten gibt es aber häufig bei der Besetzung von gewissen Funktionen. Beispielsweise im Verwaltungsrat der Eniwa, die ja der Stadt gehört. Dort waren bis vor zwei Jahren zwei Frauen vertreten, heute noch eine. Die stadträtliche Delegation ist von einer Frau und einem Mann auf zwei Männer angepasst worden, weil die Ressortzuteilungen zählen.

Wo liegen dort die Schwierigkeiten?

Sektoren wie Energie oder Technik sind stark männlich geprägt, die Auswahl von branchenspezifisch qualifizierten Frauen ist beschränkter. Das sieht man etwa bei den Studienabgängen, dort gibt es einen Männerüberhang. Gleichzeitig sind häufig Personalwesen, Kommunikation oder Rechtsdienste von Frauen dominiert. Bei naturwissenschaftlich-technischen oder betriebswirtschaftlichen Funktionen ist die Auswahl an Kandidatinnen bisher aber kleiner.

Ein wichtiges Thema, wenn wir von Gleichstellung sprechen, ist die Kinderbetreuung. Die Umsetzung des kantonalen Kinderbetreuungsgesetzes (KiBeG) ist noch hängig.

Wir haben dieses Reglement im Stadt- und im Einwohnerrat abgesegnet. Es wird auf das neue Schuljahr eingesetzt, also per 1. August dieses Jahres. Die Kinderbetreuung in der Stadt ist gewährleistet und es gibt genügend verfügbare Plätze. Ein weiterer wichtiger Punkt, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sicherzustellen, ist die Entwicklung in der Kreisschule Aarau-Buchs – also ob es bald die Möglichkeit einer Tagesschule gibt. Das wird momentan geprüft, beide Einwohnerräte haben dieses Postulat überwiesen; bis 2020 laufen die Abklärungen. Ich denke, dass es grundsätzlich sinnvoll ist, die Schulstrukturen auch für die Tagesbetreuung zu nutzen.

Familien und Erziehungspersonen, die im Rahmen des KiBeG finanzielle Unterstützung beantragen, stehen in einer Holschuld – wie bei der Ermässigung der Krankenkassenprämie.

Genau. Die Webseite der Stadt enthält die entsprechenden Informationen, es ist aber auch möglich, die sozialen Dienste zu kontaktieren. Unser Ziel ist es, diesen Ablauf weiter zu vereinfachen. Wir arbeiten momentan an einem Tool, das bis nächstes Jahr fertig sein sollte. Dann kann man die Anträge online ausfüllen und sie können schneller geprüft werden.

Wenn Familien und Erziehungspersonen eine Ermässigung der Kinderbetreuung erhalten, wie läuft das genau ab?

Bisher war es so, dass die Stadt eine Vorfinanzierung geleistet hat bei den Betrieben, mit denen wir eine entsprechende Vereinbarung hatten. Neu gehen die Eltern in die Vorleistung. Dabei gibt es grosse Unterschiede, gewisse Familien sammeln die Abrechnungen über einige Monate und reichen sie dann ein, andere schicken sie monatlich ein. Auch diese Abläufe soll das neue Tool vereinfachen.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt erwartet am Frauenstreiktag ein vielseitiges Programm, das Streikmanifest wird sogar vor dem Rathaus verlesen. Warum ist kein Mitglied des Stadtrats beim offiziellen Programm dabei?

Mir ist keine offizielle Anfrage für einen spezifischen Beitrag bekannt; ich weiss aber, dass einzelne Mitglieder des Stadtrats als Privatpersonen an den Anlässen teilnehmen werden. Für uns im Stadtrat war vor allem wichtig, dass der Frauenstreik und das Turnfest gut aneinander vorbeikommen; gleichzeitig war von Anfang an klar, dass der Streiktag in Aarau stattfinden können muss.

Wenn man Sie angefragt hätte für eine Kundgebung am Frauenstreik, was wäre Ihre Botschaft?

Ich bin kein Streikgänger und wäre da sehr zurückhaltend. Ich glaube nicht, dass es meine Aufgabe ist, am Frauenstreiktag einen offiziellen Beitrag zu leisten. Die Anliegen an sich und dass man darauf aufmerksam macht, erachte ich aber als sehr wichtig; und ich denke, dass wir als Stadt da bereits sehr viel tun. Der Streik ist ein Instrument, Anliegen zu vertreten – aber es ist nicht unbedingt mein Instrument.

Was ist denn Ihr Instrument?

Überall dort, wo man einen unmittelbaren Einfluss haben kann, sollte man sich einsetzen. Eben etwa bei einer Überarbeitung des Personalreglements, bei der Nomination von Frauen für Ämter, bei der Besetzung von Stellen in der Stadtverwaltung und so weiter. Dort muss man sich bewusst sein, dass es nach wie vor ein Ungleichgewicht gibt. Einen «Notstand» sehe ich diesbezüglich aber nicht.

In der Schweiz allgemein oder in der Stadt Aarau?

Wenn wir die politische Ebene anschauen ist der Stadtrat wie gesagt gut aufgestellt was den Frauenanteil betrifft, finde ich. Im Bundesrat ist das auch kein Problem, in den Regierungsräten ist es schon schwieriger. Und in den nationalen und kantonalen Parlamenten sassen auch schon mehr Frauen. Ich gehe davon aus, dass es nach den Wahlen im Herbst wieder mehr sein werden.

Am Frauenstreik gehts ja nicht nur um Frauen in der Politik.

In der Wirtschaft erachte ich die Situation als schwieriger. Wenn es in einer Schweizer Firma eine Position zu besetzen gibt, speziell in einem technischen oder wirtschaftsorientierten Sektor, stehen einfach noch immer weniger Frauen mit branchenspezifischen Ausbildungen und Berufserfahrungen zur Verfügung. Da ist es nicht verwunderlich, wenn in den entsprechenden Gremien weniger Frauen vertreten sind. Ich bin kein Quotenfreund.

Das hört man fast ein bisschen raus bei Ihnen.

(lacht) Ja. Aus meiner Sicht sollte man mehr machen im Bereich der Ausbildung, Ich denke im technischen und wirtschaftlichen Bereich sollten wir stärker steuern.

Wie meinen Sie das?

Ich hatte geschäftlich über einige Jahre viel in Osteuropa zu tun. Dort hatten wir kaum Schwierigkeiten, Frauen in Führungspositionen zu befördern. Es gab genügend qualifizierte Mathematikerinnen, Naturwissenschafterinnen, Informatikerinnen, Ingenieurinnen – eben weil es an den Unis genügend entsprechende Absolventinnen gab.

Wo sehen Sie den Grund dafür?

Die Studienplätze wurden im Kommunismus viel gelenkter vergeben. Dadurch hat sich die Geschlechterfrage weniger gestellt. In der Schweiz gibt es demgegenüber noch immer extreme Ungleichgewichte: In der Pädagogik gegen 80 Prozent Abgängerinnen, in den Naturwissenschaften oder in den Wirtschaftswissenschaften eine klare Mehrheit an Abgängern. Ich denke, wir müssen uns eine Steuerung der Studienrichtungen überlegen. Fachliche Qualifikation ist für spezialisierte Wirtschaften entscheidend. Die Grundlage dazu legt das Bildungssystem, auch mit der entsprechenden Motivation der Studierenden für neue Rollenmodelle.

Wäre es nicht angebrachter, die Strukturen der Arbeitswelt frauenfreundlicher zu gestalten? Immerhin stellen viele Chefs noch immer aus Kostengründen keine Frauen ein, weil sie im Gegensatz zu Männern fehlen, wenn die Kinder kommen. Dazu kommt die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern. Muss nicht zuerst dieses frauenfeindliche System angepasst werden, anstatt die Frauen zu «zwingen» etwas zu studieren, was sie vielleicht weniger interessiert? Dann würden automatisch mehr Frauen in die entsprechenden Sektoren gehen?

Ich denke nicht, dass die heutigen Strukturen frauenfeindlich sind. Wesentlich sind die Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit sowie intakte Angebote, um Familie und Ausbildung beziehungsweise Beruf zu kombinieren. Da haben wir in Aarau ja gerade in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht. Wir haben in der Schweiz die Gleichberechtigung der Frauen, ihre Partizipation in Wirtschaft und Politik, viel zu spät thematisiert, das steht ausser Zweifel. Wir sollten heute darauf achten, ähnliche Fehler nicht neuerlich zu begehen.

Was meinen Sie konkret?

Ich denke an die Ungleichbehandlung der Nicht-Schweizerinnen und Nicht-Schweizer in unserem Land. Immerhin 25 Prozent unserer Bevölkerung leben hier ohne Schweizer Pass. Häufig wirtschaftlich integriert, aber politisch nicht engagiert. Wie bei den Frauen wird es meines Erachtens nicht darum gehen, in Quoten zu denken, sondern den Willen zur Partizipation in den Vordergrund zu rücken. Auch hier denke ich, sind unsere Diskussionskultur und unser Bildungssystem gefordert.$

Apropos Steuern: Ich kenne das von mir und meinen Freundinnen, Frauen scheinen dazu zu tendieren, dorthin zu gehen, wo es andere Frauen hat. Könnte eine Frauenquote auf Führungsebene diesen Effekt nicht beschleunigen?

Das verstehe ich. Und es ist sicher so, dass es starke Rollenvorbilder braucht. Aber ich denke, das geht auch ohne Quoten. Wir haben in der Eignerstrategie für die Eniwa beispielsweise festgehalten, dass wir Verwaltungsrat eine Vertretung beider Geschlechter zu mindestens 40 Prozent anstreben. Aber dazu brauchen wir auch geeignete Kandidatinnen und Kandidaten, ich will nicht jemanden in den Verwaltungsrat wählen müssen, einfach weil sie eine Frau ist.

Gibt es ein Stichdatum, auf das diese Strategie umgesetzt werden soll?

Nein, darum ist es ein Anstreben. Klar, das ist ein bisschen aufgeweicht.

Aber bei je 40 Prozent für Männer und Frauen blieben ja noch 20 Prozent für andere Geschlechter, immerhin!

Genau, das wäre theoretisch so!

Streiken die Frauen der Stadtverwaltung eigentlich morgen?

Das weiss ich nicht. Wir haben die Teilnahme allen offen gelassen; man muss die Arbeitszeit aber kompensieren. Dadurch, dass der Streiktag ein Freitag ist, sollte das für die meisten kein Problem sein, wir haben ja auch viele Leute, die Teilzeit arbeiten.

Bezeichnen Sie sich als Feminist?

Das würde ich von mir nicht behaupten. Ich käme mir eher seltsam vor, wenn ich sagen würde, ich sei Feminist.

Warum?

Ich glaube, es ist eine geschlechterbezogene Bezeichnung – und wohl eher den Frauen vorbehalten. Ich bin aber sicher für Gleichberechtigung.

Zeitung Aargauer Zeitung

BADEN

Aargauer Zeitung

13.06.2019 00:54

-

Frauenstreik: Farbiges Brunnenwasser für die Forderungen der Frauen

Zur Einstimmung auf den Frauenstreik färbten gestern die SP-Frauen Aargau das Wasser in den Brunnen Badens violett.

Gestern färbten die SP-Frauen Aargau das Wasser in den Brunnen Badens mit Lebensmittelfarbe violett ein. Zur Einstimmung auf den Frauenstreik, der in Baden heute um halb acht Uhr bei der reformierten Kirche mit dem Sonnengruss beginnt. «Die Farbe lässt sich nicht so schnell entfernen, genauso wenig wie die Forderungen der Frauen», sagte Initiantin Mia Gujer zum Hintergrund der Aktion.

Zeitung Aargauer Zeitung

SCHWEIZ

Aargauer Zeitung

13.06.2019 04:30

Katja Fischer De Santi

«Bezahlt endlich die Mütter» – warum ein Hausfrauenlohn das Dilemma Job und Familie lösen hilft

Die Autorin Sibylle Stillhart sagt, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor allem der Wirtschaft nützt. Die Frauen hingegen reiben sich zwischen Job und Kindern auf. Deshalb fordert sie einen Hausfrauenlohn.

Zur Person
Die gebürtige St. Gallerin Sibylle Stillhart war Redaktorin bei der «Schweizer Illustrierten» sowie beim «Beobachter» und schrieb als freie Journalistin für diverse Zeitschriften und Zeitungen. Später war sie als Pressesprecherin für die Bundesverwaltung tätig. Heute arbeitet die 45-Jährige für ihre drei Söhne sowie als Autorin. Unzufrieden mit dem Status quo der arbeitenden, ständig gestressten und schlecht entlöhnten Mütter in der Schweiz veröffentlichte sie 2015 ihr Buch «Müde Mütter – fitte Väter». Kürzlich legte sie mit ihrem zweiten Buch «Schluss mit Gratis. Frauen zwischen Lohn und Arbeit» im Limmat Verlag nach.

Gehen Sie am Freitag auf die Strasse für den Frauenstreik?

Sybille Stillhart: Aber sicher doch, das ist gar keine Frage. Frauen müssen ihre Forderungen sichtbar machen. Ich nehme an einer Kinderwagendemonstration in Bern teil.

Und was wird auf Ihrem Transparent stehen?

Ich fordere einen einjährigen Mutterschaftsurlaub.

Erinnern Sie sich noch an den ersten Frauenstreik 1991?

Ja, wir Schülerinnen «streikten» damals an der Kanti St. Gallen und besuchten in der Aula eine Podiumsdiskussion. Viel war da von «Unabhängigkeit» die Rede und davon, dass Frauen genauso einen Beruf erlernen sollten wie Männer. Ganz bestimmt wollten wir keine Hausfrauen wie unsere Mütter werden und für unsere Männer kochen und putzen. Eine gute Ausbildung würde uns zu einem emanzipierten Leben führen. Dessen waren wir uns sicher.

Und haben sich Ihre Vorstellungen 28 Jahre später verwirklicht?

Ich habe eine gute Ausbildung genossen, einen guten Job bekommen, auch mit zwei Kindern weitergearbeitet. Doch glücklich gemacht hat es mich nicht. Es fühlt sich nicht emanzipiert an, von der Krippe zur Arbeit zu hetzen, dort mit einem schlechten Gewissen seine Zeit abzusitzen, um dann um sechs Uhr auf den letzten Drücker die Kinder wieder abzuholen und am Abend den ganzen Haushalt zu schmeissen.

Hat in Ihren Augen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf den Frauen nichts gebracht ausser Stress?

Genau, Vereinbarkeit bedeutet heute, dass eine Frau weiterarbeitet und gleichzeitig Hauptverantwortliche ist für Kinderbetreuung und Haushalt. Weil Kinderbetreuung und Haushalt nicht als «Arbeit» gelten, verdienen Frauen zu Hause nichts. Was konkret heisst: Frauen mit kleinen Kindern arbeiten 58 Stunden die Woche für ihren Haushalt und den Nachwuchs. Gehen sie zusätzlich einer Erwerbsarbeit nach – im Durchschnitt 14 Stunden –, kommen sie auf eine atemberaubende 72-Stunden-Woche. Bezahlt davon sind lediglich die 14 Stunden Erwerbsarbeit.

«Frauen mit kleinen Kindern arbeiten 58 Stunden die Woche für Haushalt und Nachwuchs – gratis und neben ihrem Job.»

Was ist mit den Vätern? Warum lassen diese ihre Frauen mit der Doppelbelastung alleine?

Auch wenn es sich die meisten Frauen bestimmt so gewünscht haben: Die Männer haben nicht die Hälfte aller Haus- und Erziehungsarbeit übernommen. Neun von zehn Vätern arbeiten weiter Vollzeit. Das Bundesamt für Statistik hält fest, dass bei gut drei Vierteln aller Familien die Frauen die Hauptverantwortung der Hausarbeit und der Kinderbetreuung tragen – trotz Erwerbsarbeit, ja sogar dann, wenn sie 100 Prozent arbeiten.

Warum tun sich die Männer da so schwer, und warum setzen die Frauen zu Hause nicht mehr Druck auf?

Vielleicht sollten wir davon wegkommen, Väter oder Mütter zu «ändern», damit sie für das Erwerbsleben fit bleiben. Nehmen wir doch einmal die Arbeitswelt etwas genauer unter die Lupe. Es liegt doch auf der Hand: Je kürzer der Arbeitstag, desto besser lässt er sich mit einer Familie vereinbaren. In Dänemark etwa gibt es die 33-Stunden-Woche.

Wenn Sie sagen, dass die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie für die Frauen eine Mogelpackung sei, meinen Sie dann, die Frauen sollten besser wieder zu Hause bleiben?

Nein, viele können das auch gar nicht mehr, weil in der Schweiz längerfristig ein Lohn nicht mehr ausreicht, um eine mittelständische Familie zu ernähren. Die Wirtschaft hat längst erkannt, dass sie nun für einen «Ernährerlohn» zwei Arbeitskräfte bekommt, eine davon, die Frau, erst noch zu einem Dumpingpreis.

Ist der eigentliche Profiteur der beruflichen Emanzipation der Frau die Wirtschaft?

Ja, Profiteur und Treiber dieser Entwicklung ist die Wirtschaft. Ohne einen Finger zu krümmen, konnten Arbeitgeber ihr Arsenal an Arbeitskräften mit hoch motivierten Frauen verdoppeln. Doch die Strukturen der Arbeitswelt blieben so starr wie eh und je. Das mag so lange aufgehen, bis ein Kind auf die Welt kommt. Danach drehen die Frauen am Rad, kommen aber nicht mehr vorwärts.

Wie müssten sich die Strukturen denn ändern?

Ich sehe das Hauptproblem nicht darin, dass es zu wenig Krippenplätze gibt oder Tagesschulen. Das Problem liegt viel tiefer. Es wird generell zu wenig über Mutterschaft nachgedacht. Wie viel Zeit braucht es, ein Kind grosszuziehen! Welche Anstrengung das erfordert! Was Mütter leisten, braucht Anerkennung. Und in einer kapitalistischen Welt läuft Anerkennung über Lohn. In allen Industrieländern geht vergessen, dass exakt die unbezahlten Arbeiten, das Kümmern um Kinder und pflegebedürftige Menschen, für eine Gesellschaft unverzichtbar sind.

Ganz konkret fordern Sie einen Hausfrauenlohn?

Ja, das klingt nur im ersten Moment abwegig. Es kann nicht sein, dass es – pointiert formuliert – mehr geschätzt wird, wenn Menschen Waffen herstellen und damit Geld verdienen und Frauen dafür bestraft werden, dass sie Kinder gebären und sich um sie kümmern. Schon in den 70er-Jahren forderten feministische Gruppen die Einführung eines Hausfrauenlohns.

Das hat sich aber nicht durchgesetzt. Frauen werden angehalten, erwerbstätig zu bleiben.

Weil das für die Wirtschaft und den Staat billiger ist. Die Leidtragenden sind aber doch wieder die Frauen. Sie verfügen, sobald sie Mütter werden, über weniger Einkommen. Das ist doch eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.

Warum wehren sich nicht mehr Frauen dagegen? Sie selber stehen mit diesen Forderungen doch ziemlich alleine da?

Weil den Frauen eingeimpft wurde, dass ihre Arbeit zu Hause mit den Kindern, mit alten Menschen nichts wert ist. Es ist ihr selbst gewähltes Schicksal. Aber ohne die Gratisarbeit, die Frauen leisten, würde nichts mehr gehen, würde die Gesellschaft zusammenbrechen.

Dann wäre es an der Zeit für einen Hausfrauenstreik?

Ja, weil dort der wahre Hund begraben liegt. Unsere Gesellschaft missachtet, was Frauen ausmacht, hält an Strukturen fest, die Frauen kleinhalten. Die Boni der Banker, die Dividenden der Grosskonzerne – sie sind das Geld, das Frauen zur Verfügung gestellt werden müsste. Zudem hätte die Bezahlung der Hausarbeit auch für Väter Vorteile: Sie könnten selbstbewusster fordern, Teilzeit zu arbeiten, und wären davon befreit, die finanzielle Hauptlast zu tragen. Familien verfügten plötzlich über das, was ihnen heute am meisten fehlt: Zeit und Geld.

Zeitung bz Region Basel

AARGAU

bz Region Basel

12.06.2019 04:00

Thomas Wehrli

«Arbeit muss gleichen Wert haben»: Grossrätin kritisiert ungleiche Löhne auf Gemeindeverwaltung

Die Stundenlöhne für Männer und Frauen sind bei der Gemeindeverwaltung Wittnau unterschiedlich hoch. Das stört Grünen-Grossrätin Gertrud Häseli, die selber im Gemeinderat sitzt.

Grünen-Grossrätin Gertrud Häseli ist eine der Promotorinnen des Frauenstreiks im Aargau. Was sie am Freitag machen wird, ist denn auch klar: streiken. «Allerdings erst ab 11 Uhr», sagt sie mit einem verschmitzten Lächeln. Denn zuvor geht sie, wie jeden Morgen, in den Stall und versorgt die zehn Kühe, die zehn Kälber und die zehn Hühner. «Tiere und Pflegebedürftige darf man nicht bestreiken», ist für sie klar.

Danach aber wird dreifach gestreikt. Zuerst am Mittag in Wittnau, ihrem Wohnort, wo die Bezirks-Aktion stattfindet, Streik-Wähe inklusive. Dann in Aarau bei den Landfrauen und schliesslich an der offiziellen Demonstration in und durch Aarau. Sie nehme zur Sicherheit ein grosses Taschentuch mit, meint Häseli halb im Scherz. Nur für den Fall, dass es zu einem Tränengaseinsatz komme.

Häseli ist eine von rund 20 Personen, die im basisdemokratisch organisierten Aargauer Frauenstreikkomitee die Fäden ziehen. Sie wird an der Demo vom Freitag an vorderster Front des Umzuges mitlaufen und als Vertreterin der organisierten Frauen zusammen mit weiteren Frauen sowie Vertretern der LBGT-Bewegung das Transparent halten.

Eines der grossen Themen ist für Häseli die Lohngleichheit. Diese sei auch 2019 noch lange nicht erreicht, sagt Häseli und belegt es mit einem Beispiel aus ihrer Wohngemeinde: Hier verdient eine Putzfrau, die von der Gemeinde im Stundenlohn angestellt ist, 25 Franken. Ein ungelernter Mitarbeiter des Gemeindewerks dagegen bekommt 30 Franken auf die Stunde. «Das ist nicht gerecht», findet Häseli.

Das Spezielle daran: Gertrud Häseli sitzt seit 20 Jahren selber im Wittnauer Gemeinderat. Sie habe die Thematik im Gremium mehrmals angesprochen, sagt sie. Bislang sei sie mit ihren Argumenten jedoch nicht durchgedrungen. Als Gegenargument werde ins Feld geführt, dass die Arbeit eines Werkmitarbeiters körperlich anstrengender sei als jene einer Putzfrau und dies eine Lohndifferenz rechtfertige. Vor einigen Jahren hat die Gemeinde zudem eine Umfrage bei den umliegenden Kommunen gemacht. Diese zeigte, dass es die anderen Gemeinden ähnlich handhaben.

Häseli überzeugt das nicht. Vor allem das Argument, es sei halt immer schon so gewesen, ärgert sie. «Die Zeiten haben sich geändert», sagt sie und mit ihnen auch die technischen Hilfsmittel. «Ein Werkhofmitarbeiter kann heute auf mechanische Geräte wie den Werkhoftraktor zurückgreifen, für eine Putzfrau dagegen gibt es gegenüber früher kaum mechanische Arbeitserleichterungen.» Für Häseli ist klar: «Die Arbeit muss den gleichen Wert haben.» Sie fordert denn auch die öffentlichen Verwaltungen – und damit auch ihre Gemeinde – auf, für vergleichbare Arbeiten den gleichen Stundenlohn zu zahlen, «egal, ob die Arbeit von einer Frau oder einem Mann erledigt wird».

Doppelte Lohnschere

Mit Sorgen beobachtet Häseli auch die doppelte Lohnschere, die sich immer mehr öffnet. Die eine Schere ist die «automatisierte». Durch Teuerung und prozentuale Lohnerhöhung liegen die Löhne von Werkhofmitarbeiter und Putzfrau prozentual heute nochmals weiter auseinander als vor 20, 30 Jahren.

Die andere Schere ist jene zwischen mechanisierten und unmechanisierten Jobs. «Der Druck auf die Löhne ist dort besonders stark, wo wenig mechanisiert werden kann», ist Häseli überzeugt. Das sei insbesondere in der Pflege und der Hauswirtschaft der Fall. «Hier müssen wir Gegensteuer geben, sonst kommen noch mehr Menschen in den Working-Poor-Kreislauf.» Man müsse sich von der Vorstellung endlich verabschieden, dass die Arbeit im Bereich der Grundbedürfnisse weniger Wert habe.

Nichts abgewinnen kann sie auch der Sparmassnahme des Kantons, die Gebäudereinigung in den kantonalen Schulen und der kantonalen Verwaltung an externe Firmen auszulagern. Zum einen sei der Spareffekt gar nicht so hoch wie erhofft, da ja die Firmen gleichzeitig wieder überwacht werden müssten. Zum anderen «bleibt die Arbeit die gleiche und es wird somit auf dem Buckel der Reinigungsleute gespart». Häseli ist überzeugt: «Wer fremdreinigen lässt, hilft mit, die Löhne zu drücken.» Ihr ernüchterndes Fazit: «Die Reinigung ist der öffentlichen Hand offenbar nichts wert.»

Dies wollen Häseli und das Komitee des Aargauer Frauenstreiks ändern. Sie haben deshalb eine Petition lanciert, mit der sie die Regierung auffordern wollen, den laufenden Auslagerungsprozess zu stoppen. Die Petition fordert, dass «künftig die Reinigungsarbeiten nicht von externen Firmen, sondern von kantonal angestellten Personen getätigt werden»

Sorgen bereiten Häseli aber auch die finanziellen Perspektiven ihres eigenen Berufsstandes, der Bäuerinnen. «Sie sind die Letzten im Umzug», formuliert es Häseli bewusst pointiert. Das Problem hier sei, dass sich Bäuerinnen kaum je einen Lohn auszahlen würden. Damit haben sie aber auch keine Einlage in die AHV. «Zumindest buchhalterisch müssen die Betriebe einen Lohn zahlen», fordert Häseli.

Für Häseli ist der Frauenstreik am Freitag eine gute Gelegenheit, auf die Problematik aufmerksam zu machen. «Es ist eine Chance, einmal mehr auf die nach wie vor bestehenden Ungleichheiten aufmerksam zu machen.» Dass es damit nicht getan ist, weiss die Grünen-Politikerin. Sie hofft darauf, dass das Signal, das vorab Frauen am Freitag aussenden werden, ankommt – und dass, sprichwörtlich, steter Tropfen den Stein dann doch endlich mal höhlt. Letztlich erwartet Häseli eines: «Lohngerechtigkeit in den Firmen und eine bessere Anerkennung für die Arbeit, die Pflegende und Hauswirtschafterinnen leisten.»

Zeitung Zofinger Tagblatt

ZOFINGEN

Zofinger Tagblatt

11.06.2019

Lilly-Anne Brugger

Frauen*streik in Zofingen: Ethnologin Caro van Leeuwen als Streikrednerin

eine stereotypen Männer- und Frauenrollen in Lehrmitteln, gleicher Lohn für gleiche Arbeit und bedarfsgerechte Kinder-Betreuungsangebote. Das sind drei von zehn Forderungen, die frauenaargau, die Dachorganisation der Aargauer Frauenorganisationen, für den Frauenstreik am 14. Juni aufgestellt hat. Caro van Leeuwen wird in ihrer Streikrede in der Markthalle in Zofingen darauf Bezug nehmen. Der Mutter einer achtmonatigen Tochter liegen einige Punkte besonders am Herzen, beispielsweise die Gleichberechtigung von Migrantinnen. Diese Frauen würden oft die Arbeiten verrichten, die Schweizer Frauen nicht machen wollen – und verdienten somit einen Lohn, der nochmals kleiner sei als derjenige von Schweizer Frauen, erklärt die in Holland geborene Caro van Leeuwen. Darum das Motto des Zofinger Frauenstreiks: «Frauen* verdienen mehr!» Dies wird auch ein Thema der Streikrede von Caro van Leeuwen sein. «Ich wünsche mir für meine Tochter, dass Gleichberechtigung eine Selbstverständlichkeit ist.»

Verzicht auf Kita-Betreuung

«Ich war schon immer feministisch», sagt Caro van Leeuwen. Darum wurde sie stutzig, als sie als studierte Sozialwissenschaftlerin vor einigen Jahren so lange nach einem passenden Job suchen musste. «Ich war Ende 20 und frisch verheiratet. Da habe ich mich schon gefragt, ob mein Geschlecht und mein Zivilstand Grund für die vielen Absagen waren.» Heute arbeitet sie im Erwachsenenbildungsbereich in einer Sprachschule. Im gemischten Team. Als sie ihrem Kollegen mitgeteilt hat, dass sie am 14. Juni nicht arbeiten kommt, hat er sie belächelt. Sie wird nun den Streiktag über ihre Überstunden abbuchen – für sie sei das in Ordnung. Schliesslich, so betont sie, streike sie auch aus Solidarität jenen gegenüber, die eben weder frei bekommen noch ohne Konsequenzen der Arbeit fernbleiben können. Darum war für sie auch klar, dass ihre kleine Tochter am Freitag nicht in die Kita geht. «Meine Tochter soll nicht der Grund sein, dass die Mitarbeiterinnen der Kita nicht streiken können.» Die Kleine wird nun einen Papa-Tag geniessen dürfen.

Unterschiedliche Rückmeldungen

Als das Frauenjahr 2019 ausgerufen wurde, war für Caro van Leeuwen klar, dass sie am Frauenstreik teilnehmen wird. Passiv, als Teilnehmerin im Hintergrund. Dass sie jetzt sogar im rund sechsköpfigen Organisationskomitee des Frauenstreiks in Zofingen mitarbeitet, sei eher zufällig, sagt sie. Sie ist gespannt, wie viele Frauen* an der Veranstaltung in der Markthalle teilnehmen werden. Sie selber hat schon die verschiedensten Rückmeldungen auf den Frauenstreik und ihr Engagement dafür erhalten. «Die reichen von ernsthaftem Interesse und Begeisterung bis hin zur Belustigung», erzählt sie. Caro van Leeuwen freut sich über Männer, die solidarisch mitstreiken oder den Frauen zu Hause oder im Job den Rücken freihalten, damit sie streiken können. «Und das Thema Vaterschaftsurlaub ist durchaus auch ein Thema, das zum Frauenstreik passt», ist sie überzeugt.

Zeitung Schweiz am Wochenende

AARGAU

Schweiz am Wochenende

09.06.2019 04:30

Janine Gloor

«Es brauchte Mut»: Diese Aarauerin hat 1991 am Kantonsspital für den Frauenstreik mobilisiert

Ruth Rüdlinger aus Aarau war in den 80er-Jahren Pflegefachfrau im KSA. Sie erinnert sich noch gut daran, wie der Streik vom 14. Juni 1991 zustande kam, an dem eine halbe Million Frauen die Arbeit niederlegte.

Es ist die Ungerechtigkeit, die Ruth Rüdlinger «sternsverruckt» macht. Damals wie heute. Damals war in den 80er-Jahren, als sie in Bern Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen beriet. «Wer Geld hatte, kam an die nötigen Informationen und konnte für eine Abtreibung ins Ausland fahren.» Aber das waren längst nicht alle Frauen.

Einiges hat sich seither verbessert, was die Stellung der Frau angeht. «Aber vieles ist noch gleich», sagt sie. Und deshalb ist auch die Wut noch da, die Ruth Rüdlinger (69) in ihrer politischen Haltung bestärkt. 1991 war sie aktiv beim Frauenstreik mit dabei, hat mobilisiert, motiviert und viel Kritik einstecken müssen.

«Ich war damals Pflegefachfrau im KSA», sagt die Aarauerin. Sie erinnert sich noch gut daran, wie der Streik vom 14. Juni 1991 zustande kam, an dem eine halbe Million Frauen die Arbeit niederlegte. «Der Gleichstellungsartikel war überhaupt nicht verwirklicht.»

Nationalrätin Christiane Brunner hat sich für die Arbeiterinnen in der Uhrenindustrie eingesetzt, die weniger verdienten als ihre Kollegen. Die Gewerkschaften riefen zum Streik auf und je mehr Aufmerksamkeit der bevorstehende Streik erhielt, desto stärker blies der Gegenwind.

«Zum Glück war schönes Wetter»

«Spinnt ihr eigentlich», hörte Ruth Rüdlinger damals von vielen. Männern und Frauen. Streiken gehöre sich nicht und die Frauen hätten es ja schon so gut. Argumente, die Ruth Rüdlinger auch heute immer wieder hört. Aufgegeben hat sie deswegen nie. Am Frauenstreik 1991 war das Wetter schön. «Zum Glück», sagt sie. Sonst wären vielleicht noch weniger gekommen.

Ein Grüppchen von 30 bis 40 Personen hatte sich vor dem Haus 7 des Kantonsspitals versammelt. Den ganzen Tag auf der Station zu fehlen, wäre mit dem Berufsethos der Pflegeleute nicht vereinbar gewesen. Aber sie organisierten sich untereinander, dass diejenigen rausgehen konnten, die das wollten. Eine kleine Gruppe bei damals ungefähr 1200 Angestellten am KSA.

Aber: «Es brauchte Mut», sagt Ruth Rüdlinger. «Gerade auch vom fremdländischen Pflegepersonal.» Neben den Pflegerinnen waren auch Physiotherapeutinnen und Frauen aus der Hauswirtschaft dabei. Die Streikenden hielten ein Transparent hoch, auf dem stand: «Lieber gleich berechtigt als später.» In ganz Aarau habe am Frauenstreiktag eine fröhliche Stimmung geherrscht.

Ruth Rüdlinger freut sich noch heute über die Solidarität, die entsteht, wenn Frauen sich vernetzen. Mit Schildern wie «Nehmen Sie Platz, Madame – Machen Sie Platz, Monsieur» luden sich die Damen gegenseitig zum Kaffee ein und sprachen über Gleichstellung.

Der Gleichstellungsartikel steht seit 1981 in der Verfassung. «Aber noch heute ziehen sich die Geschlechterunterschiede durch das ganze Leben», sagt Ruth Rüdlinger. Spätestens wenn ein Paar Kinder hat, muss es sich entscheiden: «Wer organisiert den Haushalt, wer erzieht die Kinder, wer organisiert den Kindergeburtstag?»

Heute seien viele Frauen zwar bestens ausgebildet, würden aber für Kinder den Beruf ganz oder teilweise aufgeben. Gleichstellung ist für Ruth Rüdlinger, wenn alle Menschen die gleichen Voraussetzungen haben, ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihrer Bildung. Deshalb brauchten die ausländischen Angestellten am KSA damals auch so viel Mut.

Im Gegensatz zu anderen Frauen, die finanziell gut versorgt waren, hatten sie am meisten zu befürchten. Und diese Ungerechtigkeit macht Ruth Rüdlinger bis heute wütend. Dass dieses Jahr auch die kirchlichen Frauen und die Bäuerinnen mitstreiken, freue sie besonders. Es zeuge von einem Umbruch. Und davon, wie Frauen anderen Frauen Mut machen können.

«Viel Solidarität zu spüren»

Nach dem Frauenstreik 1991 blieb eine Leere. «Wir waren so enthusiastisch, es war so viel Solidarität zu spüren.» Danach sei die Euphorie ein wenig abgeflacht. Aber es gab auch langfristige Auswirkungen. «Ich bin überzeugt, dass es nur wegen des Streiks möglich war, die Fristenlösung durchzusetzen», sagt Rüdlinger.

Gleich wie die Mutterschaftsversicherung. Zudem habe es danach auch vermehrt Frauen in politischen Ämtern gegeben. Heuer wird sie am Frauenstreik wieder auf die Strasse gehen. Im Streikkomitee ist sie nicht mehr, aber sie hilft mit und lebt die Frauensolidarität wie damals.

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Aargau

Frauen*streik Aargau

07.06.2019

Lea Carucci

Newsletter Frauen*streik Aargau

Liebe Unterstützer*innen vom feministischen Streik im Aargau

Nur noch eine Woche bis zum nationalen Frauen*streik in der Schweiz- wir sind bereit! Im Aargauer Newsletter kriegst du alle aktuellen Infos.

Aktuell

Diverse Streikblöcke an der Demo/Umzug

Gesundheitsversorung:

"Ohne Frauen gibt es im Aargau keine Gesundheitsversorgung!" Beteilige dich an der Demonstration in Aarau, wir wollen als Angestellte vom Gesundheitswesen sichtbar sein. 16:45 Treffpunkt bei der Valiant Bank in Aarau (auf dem Schlossplatz), kommt in Berufskleidung! Es darf kreativ sein...

Klimastreik:

Der Frauen*streik Aargau fordert ebenfalls Klimagerechtigkeit und deshalb bilden wir einen eigenen Block- beteilige dich am Klimastreik*block! Treffpunkt um 16:45 auf dem Schlossplatz Aarau - nehmt all eure Mitmenschen, sowie Plakate und Banner passend zum Thema mit!

"leerer" Block:

Wir werden mit einem langen Seil einen "leeren" Block kreieren. Für all jene Menschen, welche an diesem Tag nicht dabei sein können. Sei es, dass sie aus Angst vor Repression nicht streiken können, die Notfallversorgung im Spital aufrecht erhalten müssen, im Gefängnis sind oder gestorben - schreib auf ein Blatt, welche Frau oder genderqueere Person für dich fehlt und häng das dann an unser Seil.

Tanzblock:

Wer hätte Lust, an der Demo um 17:15 neben unserem kleinen "Sound-Wägeli" eine einfache Choreo zu performen oder spontan zu tanzen und so einen tanzbeinschwingenden Block zu bilden? Melde dich bei sekretariat@frauenstreik-aargau.ch

deine eigene Idee...
Was läuft alles am 14.6. im Aargau?

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Verschiedene Infos

Kinderbetreuung

Damit auch Mütter und andere Frauen*, welche Kinder betreuen, am Streiktag im Aargau teilnehmen können, bieten solidarische Männer von 12-19 Uhr eine kostenlose Kinderbetreuung in Aarau an. Mehr Infos im Formular, wo du deine Kinder bis am 12. Juni anmelden kannst.

Deine Rede auf unserer Bühne!

Du hast noch nie eine Rede vor vielen Menschen gehalten? Dann bist du bei uns richtig! Hüpf für 2-3 Minuten auf die heissbegehrte Bühne und lass uns wissen, warum du am 14.6. mitstreikst. Das OPEN MIC wird nach den angesagten Rednerinnen von ca. 18:40-19:00 Uhr sein.

Offenes Streikbüro 11./12./13. Juni

Wir machen an den 3 Tagen vor dem Streik ein offenes Streikbüro im Volkshaus Aarau (2. Stock), um letzte Aufgaben zu erledigen und eure Fragen zu beantworten. Ihr könnt zwischen 18-21 Uhr vorbei kommen und uns unterstützen beim Basteln, Schneiden, Quatschen, Mobilisieren etc.

Aargauer Petition unterschreiben

Unterschreib jetzt unsere Petition „Stopp Auslagerungsprozesse der Reinigungsarbeiten im Aargau!“. Künftig sollen die Reinigungsarbeiten nicht von externen Firmen, sondern von kantonal angestellten Personen getätigt werden. Wir übergeben die Petition am 25. Juli in der Grossratssitzung. (Hier eine Version zum Ausdrucken).

Lasst uns uns feiern!

Nach der Kundgebung ist der Streiktag lange nicht zu Ende. Feiern wir uns bis in die Nacht! Komm ab 21 Uhr ins Kiff Aarau oder zur Unvermeindbar in Baden.

Nächste Daten

07. Juni: Filmabend Ref. Kirche Bremgarten
11. Juni Offenes Streikbüro in Aarau
12. Juni Offenes Streikbüro in Aarau
13. Juni Offenes Streikbüro in Aarau
14. Juni: Frauen*streik-Tag!
15. Juni: internationaler Austausch in Genf 13:00
18. Juni: Nachbesprechung Aargau- wie geht's weiter?
24. Juni: Nachbesprechung national- wie geht's weiter?
25. Juni: Übergabe unserer Petition an Grossratssitzung

Fernsehen Tele M1

Aargau

Tele M1

04.06.2019

-

Juso-Frauen protestieren im Aargauer Parlament

Mit einem Transparent protestierten heute Morgen drei Juso-Politikerinnen dagegen, dass Grossrätinnen weniger zu Wort kommen als ihre männlichen Kollegen.
Newsletter Logo Frauen*streik

Aargau

Frauen*streik Aargau

01.06.2019

Lea Carucci

Newsletter Frauen*streik Aargau

Liebe Unterstützer*innen vom feministischen Streik im Aargau

Nur noch zwei Wochen bis zum nationalen Frauen*streik in der Schweiz! Erfahre im Aargauer Newsletter mehr zu unserem Kinderbetreuungsangebot und deiner Rede am 14. Juni auf unserer Bühne (Open Mic!). Besuche uns im offenen Streikbüro und unterschreibe jetzt unsere Petition.

Was gibt's Neues?

Kinderbetreuung

Damit auch Mütter und andere Frauen*, welche Kinder betreuen, am Streiktag im Aargau teilnehmen können, bieten solidarische Männer von 12-19 Uhr eine kostenlose Kinderbetreuung in Aarau an. Mehr Infos im Formular, wo du deine Kinder bis am 12. Juni anmelden kannst.

Deine Rede auf unserer Bühne!

Du hast noch nie eine Rede vor vielen Menschen gehalten? Dann bist du bei uns richtig! Hüpf für 2-3 Minuten auf die heissbegehrte Bühne und lass uns wissen, warum du am 14.6. mitstreikst. Das OPEN MIC wird nach den angesagten Rednerinnen von ca. 18:40-19:00 Uhr sein.

Offenes Streikbüro 11./12./13. Juni

Wir machen an den 3 Tagen vor dem Streik ein offenes Streikbüro im Volkshaus Aarau (2. Stock), um letzte Aufgaben zu erledigen und eure Fragen zu beantworten. Ihr könnt zwischen 18-21 Uhr vorbei kommen und uns unterstützen beim Basteln, Schneiden, Quatschen, Mobilisieren etc.

Aargauer Petition unterschreiben

Unterschreib jetzt unsere Petition „Stopp Auslagerungsprozesse der Reinigungsarbeiten im Aargau!“. Der laufende Auslagerungsprozess der Reinigungsarbeiten in der kantonalen Verwaltung und den kantonalen Schulen soll gestoppt werden. Künftig sollen die Reinigungsarbeiten nicht von externen Firmen, sondern von kantonal angestellten Personen getätigt werden. Wir übergeben die Petition am 25. Juli in der Grossratssitzung.
(Hier eine Version zum Ausdrucken).

Lasst uns uns feiern!

Nach der Kundgebung ist der Streiktag lange nicht zu Ende. Feiern wir uns bis in die Nacht! Komm ab 21 Uhr ins Kiff Aarau (noch 1-2 DJ*anes gesucht!) oder zur Unvermeindbar in Baden.

Wo suchen wir noch Hilfe?
Was läuft alles am 14.6. im Aargau?
Werde Unterstützer*in vom Aargauer Frauen*streik 2019

Deine Organisation, Gruppe oder anders organisiertes Kollektiv ist auch am Frauen*streik aktiv dabei und wir wissen noch nichts davon? Teile uns dies mit und wir werden dich als Unterstützer*in aufführen! Alle bisherigen Unterstützerinnen findest du hier.

Nächste Daten

05. Juni: Flyer-Aktion AGB an den Bahnhöfen
06. Juni: Treffen Komitee Aargau
07. Juni: Filmabend Ref. Kirche Bremgarten
11. Juni Offenes Streikbüro in Aarau
12. Juni Offenes Streikbüro in Aarau
13. Juni Offenes Streikbüro in Aarau
14. Juni: Frauen*streik-Tag!
15. Juni: internationaler Austausch in Genf 13:00
18. Juni: Treffen zur Nachbesprechung/ wie geht's weiter?
24. Juni: Nachbesprechung national- wie geht's weiter?
25. Juni: Übergabe unserer Petition an Grossratssitzung

Zeitung Limmatwelle

WÜRENLOS

Limmatwelle

29.05.2019

Rahel Bühler

Silvia und Gianna Ferrari: «Der Frauenstreik ist für alle da.»

Mutter und Tochter aus Würenlos engagieren sich für den Streik vom 14. Juni im Aargau.

An der Fassade des Einfamilienhauses hängt eine violette Fahne. Darauf ein Logo, kreiert aus dem Symbol für das weibliche Geschlecht und einer Faust mit lackiertem Daumennagel. Hier engagiert sich jemand für den Frauenstreik. Es sind Silvia Ferrari, 55 Jahre, blonde Haare, Berufsschullehrerin, und ihre Tochter Gianna, 24 Jahre, rote Haare, Studentin an der ETH Zürich.

«Zum ersten Mal vom Frauenstreik habe ich vor einem Jahr gehört», erzählt Gianna am Wohnzimmertisch. Damals habe sie am Deutschschweizer Vernetzungstreffen in Zürich teilgenommen. Dort haben sich 100 Frauen über Gleichberechtigung und Frauenrechte unterhalten. Darunter auch eine Handvoll aus dem Aargau. Daraus entstand das Organisationskomitee für den Frauenstreik im Aargau. Silvia Ferrari, ihre Mutter, hat durch die Tochter von den Aktivitäten am 14. Juni erfahren.

Mittlerweile zählt das OK im Aargau über 50 Mitglieder. Gianna ist bei der Mobilisierung aktiv: Sie verteilt Flyer, Pins und Sticker. Die Reaktionen darauf seien unterschiedlich: «Einige kennen das Thema, andere reagieren interessiert, andere wollen nichts davon wissen», sagt die Würenloserin. Das sei gut so: «Jedes Gespräch über den Streik ist ein Schritt nach vorne.» Mutter Silvia nickt: «Wichtig ist, dass wir darauf aufmerksam machen und sich die Frauen damit auseinandersetzen.» Sie unterhält sich jeweils mit ihren Schülerinnen darüber. Oder verteilt Flyer nach Tennisspielen. Gianna half auch beim Verfassen des Aargauer Manifests. Am Streiktag selbst wird Gianna an Anlässen in Baden und am Abend an der Demonstration in Aarau teilnehmen. Silvia wird bis 15.30 Uhr Prüfungen an der Berufsmaturitätsschule abnehmen und im Anschluss ebenfalls der Demonstration in der Kantonshauptstadt beiwohnen.

Den beiden Frauen ist Gleichberechtigung wichtig: «Alle sollen die gleichen Rechte und Chancen haben.» In diesem Punkt sind sie sich einig. «Viele Menschen denken gar nicht, dass es in der Schweiz einen Frauenstreik braucht», erklärt Silvia und ergänzt: «Dabei erhalten viele Frauen für die gleiche Arbeit tiefere Löhne als Männer.» Denn, auch in diesem Punkt sind sie gleicher Meinung, klischeebehaftete Rollenbilder seien in der Schweiz noch immer weit verbreitet. Dadurch könne die Gesellschaft ihr wahres Potenzial nicht richtig ausschöpfen. Der Frauenstreik soll solche Stereotype aufbrechen.

Aber dennoch gibt es Unterschiede in ihren Meinungen – Mutter und Tochter trennen 31 Jahre: «Ich habe gemässigtere Ansichten», sagt Silvia. Was heisst das konkret? «Ich spüre die Ungerechtigkeit weniger, weder beruflich noch privat.» Gianna: «Es kann nicht sein, dass Mädchen schon im Teenageralter gesagt wird, dass sie keine zu kurzen Röcke anziehen und sich in bestimmten Gegenden nicht rumtreiben sollten, weil sie so Übergriffe provozieren. An Übergriffen sind nämlich allein die Täter schuld.» Wichtig sind für sie auch Themen aus dem LGBTQ-Umfeld. Diese Abkürzung steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und queere Bevölkerungsgruppen. Gianna beschreibt sich selbst auch als bi- und asexuell. In dieser Umgebung engagiert sich die Studentin. Politisch sind weder Mutter noch Tochter aktiv. Mit dem Frauenstreik möchten sie auf feministische Anliegen aufmerksam machen. «Die Schweizer Gesellschaft soll checken, dass nicht alles in Ordnung ist», fordert Gianna.

Besonders relevant erscheinen beiden folgende Ansichten: «Jede Frau soll so streiken, wie es für sie stimmt», sagt Gianna. Der Streik sei für alle da. «Wir Frauen sollten uns auch untereinander solidarisch verhalten», ergänzt Silvia. «Ganz egal, ob eine Frau bezahlter oder unbezahlter Arbeit nachgeht.» Sie hat seit ihrer Jugend eine Verbesserung der Gleichstellung von Frau und Mann festgestellt. Man sei sich der Thematik zwar bewusster, «am Ende sind wir jedoch noch lange nicht».

Zeitung Schweiz am Wochenende

SCHWEIZ

Schweiz am Wochenende

25.05.2019 04:00

Othmar von Matt

Kirchengeläute soll auf den Frauenstreik hinweisen – und im September auf die Klima-Demo

Die christkatholische Kirche St. Peter und Paul in Bern lässt ihre Glocken am 14. Juni von 11 bis 11.15 Uhr erklingen, genauso wie das Kloster Visitation Solothurn. Gleichentags werden dies auch die katholische Pfarrei Peter und Paul Aarau tun und die reformierte Kirchgemeinde Uetikon am See (ZH), von 15.30 bis 15.40 Uhr.

Das sind nur vier Beispiele. Die Kirchenglocken sollen generell für den Frauenstreik läuten. Und zwar an zwei Uhrzeiten. Das hat damit zu tun, dass unterschiedliche Gruppierungen aktiv wurden.

Zunächst meldete sich die Dachorganisation der 17 Frauenhäuser der Schweiz. Sie will die Glocken um 11 Uhr läuten lassen, am ersten nationalen Programmpunkt. Das Glockengeläute soll auf die Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen. «Es geht dabei um ein Gleichstellungsthema», sagt Marlies Haller, Geschäftsführerin der Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern. «Je gleichgestellter eine Frau ist, desto eher kann sie sich und ihre Kinder vor Gewalt schützen, desto weniger entsteht eine Dynamik hin zu Machtausübung und Abhängigkeit.»

Zugesagt haben reformierte Kirchgemeinden wie Bolligen, Stettlen, Ostermundigen und Bern (BE). Aber auch katholische Pfarreien wie Worb, Ostermundigen, Bern, Köniz und Belp (BE), Reussbühl und Maihof (LU), die Dreikönigspfarrei Balgach (SG) und das katholische Bildungshaus Propstei Wislikofen (AG). Die Schwestern des Klosters Visitation schrieben in ihrer Zusage: «Unser Gebet für dieses Anliegen ist Ihnen gewiss.»

Parallel wurde der Aargauische Katholische Frauenbund aktiv mit der Idee, die Kirchenglocken ertönen zu lassen. Und zwar um 15. 30 Uhr. Dann haben die Frauen ihr Tagwerk verrichtet, weil sie 20 Prozent weniger verdienen, so das Argument. Schnell sagten Aargauer Pfarreien wie Aarau und Rudolfstetten zu.

Ein nationaler Aufruf

Diesen Impuls nimmt nun der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) mit seinen 130000 Mitgliedern zum Anlass für einen schweizweiten Aufruf. «Es könnte viele Nachahmer geben bei katholischen und reformierten Kirchgemeinden», sagt Vroni Peterhans, Vizepräsidentin des SKF. «Deshalb rufen wir alle Kirchgemeinden in der Schweiz auf, die Kirchenglocken um 15.30 Uhr zu läuten.» Einen Aufruf, den der SKF in den nächsten Tagen auch noch gemeinsam öffentlich machen wird «mit den Evangelischen Frauen Schweiz (EFS), der IG feministische Theologinnen und der feministisch-theologischen Zeitschrift Fama», wie Peterhans sagt.

Doch wie gehen die Frauen vor, damit die Glocken am 14. Juni erklingen? Bei den katholischen Pfarreien werde man sich mit den Verantwortlichen absprechen, sagt Vroni Peterhans vom SKV. Für das Läuten zuständig sind die Sakristane, und das sind heute zu über 50 Prozent Frauen. Und aussergewöhnliches Geläute lässt sich manuell einstellen.

Komplizierter und ein wenig umstrittener sieht die Situation bei den reformierten Kirchen aus. Die einzelnen Kirchgemeinden können zwar frei entscheiden, wann sie ihre Glocken ertönen lassen, heisst es beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK). Ein nationales Läuten empfehle der SEK aber nur in Ausnahmesituationen, sagt Mediensprecherin Michèle Graf-Keiser. Etwa bei Naturkatastrophen oder Gewaltereignissen.

Ähnlich geht die Reformierte Kirche des Kantons Zürich vor. «Wir mahnen beim Einsatz von Glockengeläute für politische Zwecke zu grosser Zurückhaltung», sagt Nicolas Mori, Leiter Kommunikation. Flächendeckend geläutet wurde im Kanton Zürich letztmals am 8. Mai 1945, am Ende des Zweiten Weltkrieges. Einzelne Kirchgemeinden wie das Grossmünster lassen die Glocken aber auch schon mal erklingen, wenn sich die Schweiz für die Fussball-Weltmeisterschaft qualifiziert.

Die Aufrufe zum Kirchenläuten auf verschiedensten Ebenen belegen, dass der Frauenstreik 2019 «eine breite, vielfältige, unstrukturierte Bewegung ist», wie es Christine Flitner formuliert, Zentralsekretärin des Verbands des Personals öffentlicher Dienste VPOD. «Die Aktivitäten schiessen wie Pilze aus dem Boden. Das ist toll.» Jede Frau und jede Gruppe entscheide selbst, was für sie im Vordergrund stehe. Theologin Elisabeth Zingg sagt gar: «Vieles ist chaotisch und unorganisiert. Da kommt mir Ruach – Gottes Geist – in den Sinn. Die hebräische Göttin schwebt über dem Chaos, aus dem dann die Schöpfung entsteht.»

Zwei zentrale Forderungen kristallisieren sich heraus: Lohnfrage und unbezahlte Arbeit. Dass die Lohndiskriminierung – der unerklärbare Lohnunterschied bei gleichwertiger Arbeit – noch 7,7 Prozent betrage, sei «verfassungswidrig und hat weitreichende Konsequenzen für die Frauen», sagt Nationalrätin Irène Kälin. Sie bündelt die Aktivitäten der Grünen. Das Thema unbezahlte Arbeit sei «noch einigender als die Lohnungleichheit, denn alle Frauen leisten unbezahlte Arbeit», sagt Kälin. «Es umklammert alles.» Frauen arbeiteten zwei Drittel ihrer Zeit gratis, Männer zwei Drittel gegen Lohn.

Glocken auch an Klima-Demo?

Dass die Kirchenglocken am Frauenstreik ertönen, ist erst ein Anfang. Sie sollen auch am 28. September zu hören sein, wenn die nationale Klima-Demonstration auf dem Bundesplatz stattfindet. Der Katholische Frauenbund (SKF) gehört zu den 80 Organisationen der Klima-Allianz, welche die Demo organisiert. «Wir arbeiten daran, dass die Kirchenglocken auch im September läuten», sagt Vizepräsidentin Peterhans. «Im christlichen Glauben besteht ein wichtiger Auftrag darin, die Wunder der Schöpfung zu bewahren.»

Zeitung Aargauer Zeitung

AARGAU

Aargauer Zeitung

18.05.2019 17:30

Eva Berger

Wer beim Staat arbeitet, muss in der Freizeit streiken

Der Kanton Aargau hat für Staatsangestellte Regelungen zum Frauenstreiktag vom 14. Juni bekannt gegeben. Diese entsprechen grundsätzlich den Forderungen der SVP – Sanktionen für Streikende gibt es aber nicht.

Gut 28 Jahre nach dem ersten grossen Frauenstreik wird schweizweit wieder Gleichstellung in der Arbeitswelt gefordert. Verschiedene Organisationen rufen darum die Frauen dazu auf, am 14. Juni ihre Arbeit im Sinne eines Streiks niederzulegen.

Das passt nicht allen. Die SVP-Fraktion des Grossen Rates hat in der letzten Parlamentssitzung klargemacht, dass es nicht zu goutieren sei, wenn Staatsangestellte dem Streikaufruf folgen. In einer Fraktionserklärung hielt sie fest, der Frauenstreik sei eine rein politisch motivierte Aktion und kein Streik nach Arbeitsgesetz. Politische Aktionen dürften nicht während der Arbeitszeit stattfinden. «Staatsangestellte, die am Frauenstreiktag teilnehmen wollen, müssen zwingend im Vorfeld einen Tag oder je nachdem einen halben Tag Ferien beantragen. Die Teilnahme am Streik während der Arbeitszeit ist verboten», so der Grundsatz für die SVP. Die Fraktion erwarte vom Regierungsrat und dessen leitenden Angestellten, sicherzustellen, dass sich das gesamte Staatspersonal an die geltenden gesetzlichen Vorschriften hält und bei jeglichem ungeregelten Fernbleiben von der Arbeit sofort Konsequenzen ausgesprochen werden, heisst es in der Erklärung.

Angestellte sind informiert

Beim Kanton sieht man das nicht ganz so eng, Sanktionen wegen einer Streikteilnahme seien nicht vorgesehen, denn die Regeln seien klar, teilt Regierungssprecher Peter Buri auf Anfrage mit. Die Mitarbeitenden der kantonalen Verwaltung und die Lehrpersonen seien über die geltenden Regelungen betreffend Teilnahme informiert worden und diese besagen: Die kantonalen Mitarbeitenden dürften grundsätzlich an den Kundgebungen teilnehmen. Allerdings müsse sichergestellt sein, dass die wichtigen Bereiche des öffentlichen Dienstes nicht durch die Abwesenheit der teilnehmenden Personen stillgelegt werden. Eine allfällige Teilnahme an den Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Frauenstreik müsse daher mit der vorgesetzten Person vorgängig abgesprochen werden. Die Teilnahme am Frauenstreik erfolge ausserhalb der Arbeitszeit. «Teilnehmende und Mitarbeitende haben ihre Abwesenheit mit Zeitguthaben zu kompensieren oder einen halben Ferientag zu beziehen», so Buri weiter. Das gelte auch für Lehrerinnen und Lehrer, Unterrichtslektionen dürfen nicht ersatzlos ausfallen und die Lehrperson habe die ausgefallene Arbeitszeit vor- oder nachzuholen.

Kein Freipass zum Schwänzen

«Was Menschen in ihrer Freizeit machen, ist deren Sache», sagt SVP-Grossrätin Maya Meier. Sie hat vor dem Grossen Rat die SVP-Fraktionserklärung verlesen. Die Handhabung des Streiks durch den Kanton entspreche grundsätzlich dem, was die SVP verlange, sagt Meier, aber: «Wenn für die Teilnahme eines Streiks verlangt wird, dass man einen Ferientag beziehen muss, handelt es sich nicht um einen Streik.» Das Vorgehen des Regierungsrats bestätige also die SVP, wonach es sich bei den Veranstaltungen vom 14. Juni um eine rein politisch motivierte Aktion handle.

Der VPOD, die Gewerkschaft der öffentlichen Dienste, hat ein Merkblatt für Streikende herausgegeben und relativiert diese Aussage. Streik wird dort als eine kollektive, in der Regel befristete oder doch länger dauernde Arbeitsniederlegung zur Durchsetzung von Forderungen definiert, die das Arbeitsverhältnis betreffen. Da nach wie vor Frauen in der Arbeitswelt in vieler Hinsicht diskriminiert würden, sei der Streik nötig und wichtig, so der VPOD. Ein Freipass, um einfach so der Arbeit fernzubleiben, sei das aber nicht, stellt Lea Carucci vom Streikkomitee und VPOD AargauSolothurn klar: «Im besten Fall erarbeitet man gemeinsam mit seinen Arbeitskolleginnen Forderungen, welche man dann der Arbeitgeberin vor dem Streik präsentiert. Wer Gewerkschaftsmitglied ist, erhält dabei Unterstützung, Streikgeld und Rechtsschutz.» Gleich verfahren soll, wer schliesslich am Streik teilnehmen wolle. Insbesondere in jenen Bereichen, wo die Konsequenzen eines unentschuldigten Fernbleibens fatal sein könnten. «Wenn in einem Spital alle Frauen am 14. Juni gleichzeitig den Betrieb verlassen würden, wäre das verantwortungslos. Absprachen sind zwingend, beispielsweise können die männlichen Kollegen den Dienst übernehmen», so Carucci.

Zeitung Schweiz am Wochenende

AARAU

Schweiz am Wochenende

18.05.2019 13:56

Urs Helbling, Nadja Rohner

Wie sich die Stadtpolizei auf den FCA-Aufstieg, das Turnfest und den Frauenstreik vorbereitet

In zwei Wochen hat Aarau keinen offiziellen Stadtpolizeikommandanten mehr: Daniel Ringier ist ab 1. Juni Abteilungsleiter Sicherheit.

Deshalb trat er gestern an einer Medienkonferenz auch nicht mehr in Uniform, sondern in Zivil auf. Die Abteilung wird 52 Mitarbeiter haben und auch die Feuerwehr mit dem neuen Profi-Kommandanten David «Dave» Bürge umfassen. Die Feuerwehr hat 300 Stellenprozente und gut 100 Milizangehörige. Ebenfalls angegliedert werden soll die Zivilschutzorganisation Aare Region (neun Gemeinden, 250 Stellenprozente), doch müssen die Gemeinderäte der Verbandsgemeinden dem noch zustimmen. Aus Sicht der Kunden, der Bevölkerung, ändert die Neuorganisation kaum etwas. Doch erhofft man sich seitens der politischen Führung gewisse Synergiegewinne im administrativen Bereich, wie die zuständige Stadträtin Suzanne Marclay-Merz (FDP) an der Medienkonferenz erklärte, an der auch Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker (FDP) teilnahm.

Durchschnittsalter 57 Jahre

Bei der Vorstellung des Kaders der Stadtpolizei wurde klar, dass es hier altersbedingt in absehbarer Zeit zu erheblichen personellen Wechseln kommen wird. Der neu übergeordnete Chef Daniel Ringier ist 59. Er arbeitet seit 18 Jahren bei der Stadtpolizei. Er wohnte bereits bei seiner Anstellung in Veltheim und hat nicht in Sinn, umzuziehen. «Ich bin da, wenn in Aarau etwas ist», betonte Ringier in Anspielung auf die politische Diskussion über die Wohnsitze der Sicherheits-Kader.

Ein Stadtpolizei-Urgestein ist der Chef-Stellvertreter und Leiter der Sektion Stabsdienste, Toni von Däniken: Der 60-Jährige ist seit 35 Jahren bei der Stadtpolizei. Mit 38 noch mehr Dienstjahre hat Hans Umbricht (62), Leiter Sektion Gewerbe. Auf 34 Jahre bringt es Stefan Rosenberg (56), Leiter Sektion Einsatz und Sicherheit. Und Thomas Kaspar (50), Leiter Sektion Verkehr, ist seit 28 Jahren dabei. Das Durchschnittsalter der vier Stapo-Sektionsleiter (ohne Abteilungsleiter Ringier) beträgt 57 Jahre.

Klein ist der Frauenanteil bei der Stadtpolizei: Ab 1. Juni sind es drei Polizistinnen, insgesamt sind 12 Mitarbeitende weiblich.

Auf FCA-Aufstieg vorbereitet

Die neue Abteilung Sicherheit wird gleich in ihrem ersten Monat ins kalte Wasser geworfen. Der Juni wird für die Stadtpolizei der mit Abstand arbeitsintensivste des ganzen Jahres. «Vor anderthalb Jahren haben wir darum eine Feriensperre verfügt», erklärte Daniel Ringier. Am Sonntag, 2. Juni, könnte der FC Aarau aufsteigen. Das zweite Spiel der Barrage wäre ein Heimspiel. «Wir haben damit gerechnet, dass der FCA aufsteigen kann. Die Eventualplanung ist gemacht. Wir sind bereit», sagte Ringier.

Ein Sondereinsatz wird es auch während der beiden Wochenenden des Eidgenössischen Turnfestes (ETF) benötigen. Unter anderem, weil der Allmendweg durch den Aarauer Schachen zwei Mal von Mittwoch bis Sonntag gesperrt sein wird.

2500 Personen am Frauenstreik

Keine besonderen Probleme erwartet Ringier am 14. Juni, wenn der Frauenstreik stattfindet. Ringier spricht von einem tiefen Aggressionspotenzial: «Da kommen keine bösen Leute.» Die Organisatorinnen erwarten laut Gesuch an die Stadtpolizei 2000 bis 2500 Teilnehmende. Nach dem Umzug (ohne Bahnhofstrasse) findet eine Kundgebung auf dem Schlossplatz statt.

Ist angesichts all dieser Aufgaben der Personalbestand der Stadtpolizei gross genug? An der Medienkonferenz waren keine Ausbaubegehren zu hören. Und es wurde darauf hingewiesen, dass bis Ende Jahr die Überzeit abgebaut sein muss.

Zeitung Schweiz am Wochenende

BADEN

Schweiz am Wochenende

18.05.2019 05:00

Claudia Laube

Frauenstreik im Aargau: Das sind die Regeln für Mitarbeiterinnen bei Firmen, Gemeinden und Kantonsspital

Am grossen Frauenstreik in vier Wochen gehen Frauen auf die Strasse, um sich für die Gleichstellung der Geschlechter einzusetzen. Haben streikende Mitarbeiterinnen in der Region Sanktionen zu befürchten? Wir haben nachgefragt.

Der nationale Frauenstreik am 14. Juni polarisiert. Das beweisen nicht nur die immer zahlreicher werdenden Artikel in vielen Medien, sondern auch die unzähligen Kommentare unter den Onlineartikeln. Es ist nach dem Streik 1991 der zweite Frauenstreik, dem die Schweiz entgegensieht. Lohnungleichheit, Diskriminierung und sexuelle Belästigung sind nur einige von vielen Punkten, auf die aufmerksam gemacht werden sollen.

Auch in der Region sind Aktivitäten geplant. Neben Streikmittagessen in Baden und Bad Zurzach finden in Baden auch Aktionen im Laufe des Morgens statt. Um 15.30 Uhr sollen im Aargau alle Frauen die Arbeit niederlegen, als Zeichen der Lohnungleichheit. Wie gehen hiesige Gemeinden und Unternehmen mit streikenden Angestellten um? Der allgemeine Tenor zeigt: Natürlich dürfen die Frauen am Streik teilnehmen, aber sie müssen sich dafür freinehmen oder diese Zeit kompensieren.

In Spreitenbach bedarf es laut Gemeindeschreiber Jürg Müller «einer schriftlichen, frühzeitigen Antragstellung beim Gemeinderat.» Jedoch sei der Frauenstreik bisher sowieso kein Thema gewesen beim Personal. Ähnlich tönt es aus Fislisbach: «Wir gehen nicht davon aus, dass eine ‹Streikwelle› bei den Mitarbeiterinnen ausbrechen wird», so Gemeindeschreiber Donat Blunschi. Sollten diese aber trotzdem ein politisches Zeichen setzen wollen, so dürften sie dies gerne ausserhalb der bezahlten Arbeitszeit tun und müssten sich dazu freinehmen. Ähnlich äussern sich auch Wettingen und Baden. So sagt Badens Verwaltungsleiter Christian Villiger: «Die Teilnahme am Frauenstreik steht unseren Mitarbeiterinnen offen. Als Arbeitgeberin erwarten wir aber, dass die Absenz vorgängig mit dem oder der Vorgesetzten abgesprochen wird.»

Wenn es der Betrieb zulasse, dürfen auch die Mitarbeiterinnen in Obersiggenthal für den Streik freinehmen, sagt Gemeindeammann Dieter Martin (FDP). Logische Schlussfolgerung: «Sanktionen müssen sie nicht erwarten.» Obwohl aktuell eine Forderung der SP Obersiggenthal nach einer Analyse zur Lohngleichheit hängig ist (die AZ berichtete), bekräftigt Martin, dass hier Gleichberechtigung gelebt werde, auch auf die Löhne bezogen. Für die Mitarbeiterinnen würden keine Nachteile gegenüber ihren männlichen Kollegen bestehen.

Engagierte Unternehmen

Dass sich die weiblichen Angestellten für den Frauenstreik freinehmen, verlangen auch die grösseren Unternehmen der Region. Beim Onlinehändler brack.ch in Mägenwil hätten die Mitarbeiterinnen, die am Frauenstreik teilnehmen, «in keiner Form Sanktionen zu befürchten», so Mediensprecher Daniel Rei. Aber auch hier: «Dank unserer flexiblen Arbeitszeiten ist es gut möglich, sich im privaten Rahmen für solche Themen zu engagieren.» Die Teilnahme werde als Ferien- oder Kompensationstag gehandhabt. Ebenso verfährt die ABB: «ABB Schweiz hat ein Arbeitszeitmodell mit flexiblen Arbeitszeiten, das nach Absprache mit der jeweiligen Führungskraft kürzere Absenzen und damit die Teilnahme an Veranstaltungen grundsätzlich möglich macht», heisst es auf Anfrage.

Zudem würde sich das Technologieunternehmen seit Jahren mit verschiedenen Massnahmen und Initiativen für die Gleichstellung und Förderung von Frauen im Unternehmen einsetzen. «So engagiert sich ABB Schweiz etwa in der Förderung des weiblichen Nachwuchses im technischen Bereich und in der Förderung weiblicher Führungskräfte», erklärt Frederic Härvelid, Projektleiter Kommunikation. Weiter halte sich ABB Schweiz strikt an den Grundsatz «gleicher Lohn für gleiche Arbeit und wende sich gegen Diskriminierung jeglicher Art innerhalb des Unternehmens».

Ebenso engagiert zeigt sich das Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Würenlingen, das 2018 den zweiten Rang im «Diversitiy Index», hinter der Credit Suisse und vor Ikea, belegte. Dieser Index misst die Vielfalt einer Belegschaft. Am PSI gibt es ein «Komitee für Chancengleichheit», eine Gruppe bestehend aus Männern und Frauen, die sich unter anderem für flexiblere Arbeitszeitmodelle und für die Förderung der Frauen in Wissenschaft und Technik einsetzen. «Zudem wird die vollständige Lohngleichheit, eine Kernforderung des Frauenstreiks, durch das PSI bereits umgesetzt», sagt PSI-Kommunikationsleiterin Dagmar Baroke. Wenn die Mitarbeiterinnen trotzdem an externen Veranstaltungen zum Frauenstreiktag teilnehmen möchten, müssen sie sich freinehmen.

Verwaistes Kantonsspital?

Im Kantonsspital Baden, mit einem Frauenanteil von 80 Prozent bei rund 2400 Mitarbeitenden, sollen die Frauen ebenso in ihrer Freizeit am Frauenstreik teilnehmen: «Absenzen müssen bei den Dienstplanungen frühzeitig beantragt werden, damit ein reibungsloser Spitalbetrieb gewährleistet werden kann», so Mediensprecher Omar Gisler. Ausserdem seien «diverse Forderungen der Streikorganisatoren bereits umgesetzt. Es gibt zum Beispiel Anlaufstellen für Opfer von Mobbing und sexueller Belästigung», sagt Gisler. Auch das Kita-Angebot werde kontinuierlich ausgebaut, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern. Und: «Die Löhne am KSB werden geschlechtsunabhängig bestimmt.»

Riskieren streikende Frauen ihren Job?

Kann überhaupt von einem Streik gesprochen werden, wenn frau dafür freinehmen muss? Rechtsanwalt Patrick Bühlmann von «Voser Rechtsanwälte» in Baden, spezialisiert auf Arbeitsrecht, hält die Rechtslage in der Schweiz für eher dünn, was Streiks betrifft. Für ihn ist auch fraglich, ob der Frauenstreik am 14. Juni überhaupt ein Streik im eigentlichen Sinne ist: «In meiner Wahrnehmung geht es hier mehr darum, ein politisches Zeichen zu setzen.» Von einem Streik spreche man dann, wenn gegenüber den Arbeitgebern bessere Arbeitsbedingungen durchgesetzt werden sollen, zum Beispiel in einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV).

Bei denjenigen Wirtschaftsbereichen, in denen bereits ein GAV bestehe, bedeute der Streik für Frauen in erster Linie ein unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit. Denn: In den meisten GAV ist eine sogenannte Friedenspflicht festgehalten, welche Kampfmassnahmen wie Streiks gegen Arbeitgeber verbieten. «Wenn Frauen trotzdem streiken, riskieren sie, dass der Arbeitgeber dies als Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflicht sanktioniert; im schlimmsten Fall sogar eine Kündigung.» Selbst wenn sich eine solche Kündigung später allenfalls als missbräuchlich erweisen sollte, würde dies an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nichts mehr ändern, so Bühlmann. Die Arbeitnehmerin könnte lediglich eine Entschädigung beanspruchen. Er hält es deshalb für heikel, sich auf das Streikrecht zu berufen und einfach eigenmächtig der Arbeit fernzubleiben. Er rät den Frauen, die am Streik teilnehmen wollen, sich dafür in Absprache mit ihrem Vorgesetzten freizunehmen.

Der Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD), eine der Gewerkschaften, die den Streik unterstützt, beruft sich hingegen auf das Streikrecht, das seit 1999 in der Bundesverfassung verankert ist. Der Verband hat auf seiner Website ein Papier aufgeschalten, das rechtliche Fragen zum Frauenstreik beantwortet. Darin steht zwar geschrieben, dass in Bezug auf die im GAV geregelten Punkte Friedenspflicht bestehe. «Diese binden aber nicht die einzelne Person, sondern die Gewerkschaft, die den GAV abgeschlossen hat», so der Verband. Mit der Friedenspflicht könnten die Arbeitgeber zwar gegen die Gewerkschaft argumentieren, aber nicht gegen einzelne streikende Frauen, schreibt der VPOD.

Das sieht Rechtsanwalt Bühlmann anders. Er ist der Meinung, dass sich ein gesamtarbeitsvertraglich vereinbartes Verbot von Kampfmassnahmen nicht nur an die vertragsschliessenden Verbände (Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände), sondern auch an die einzelnen Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen richte, die dem GAV unterstehen. Arbeitnehmerinnen, die trotz bestehender Friedenspflicht streiken, verletzen damit eine arbeitsvertragliche Pflicht. Der VOPD gewährt laut Website seinen Mitgliedern Rechtsschutz, sollten Probleme auftauchen. (cla)

Zeitung Aargauer Zeitung

AARGAU

Aargauer Zeitung

14.05.2019 16:20

Eva Berger, Noemi Lea Landolt

Aargauerinnen kündigen Frauenstreik an: «Wenn wir wollen, steht alles still»

28 Jahre nach dem ersten Frauenstreik sind viele Forderungen immer noch aktuell. Grund genug für Aargauer Frauen, am 14. Juni erneut die Arbeit niederzulegen. Eine breit abgestützte Bewegung hat verschiedene Aktionen geplant und Forderungen verabschiedet.

Am 14. Juni 1991 legten Zehntausende Frauen in der Schweiz ihre Arbeit nieder. Unter dem Motto «Wenn Frau will, steht alles still» gingen sie auf die Strasse. Die Gleichstellung der Geschlechter war damals schon seit zehn Jahren in der Bundesverfassung verankert. Die Realität sah dennoch anders aus – und sie tut es bis heute. Deshalb kommt es am 14. Juni – 28 Jahre später – zum zweiten nationalen Frauenstreik.

Zwar hat sich punkto Gleichstellung in den letzten Jahren einiges verbessert. Es wurden zum Beispiel der Mutterschaftsurlaub, das Splitting in der AHV oder die Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch eingeführt. Vieles ist aber bis heute gleich geblieben. «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit», stand 1991 auf Transparenten der Streikenden. Die Forderung wird wohl 2019 wieder zu lesen sein. Noch immer erhalten Frauen weniger Lohn für die gleiche Arbeit. Es ist eine der Forderungen, die auch im Aargauer Manifest steht, welches das Komitee Frauenstreik Aargau am Montag vor den Medien präsentierte.

Breit abgestützte Bewegung

«Wir wollen eine Gesellschaft ohne Diskriminierung, ohne Sexismus und ohne Gewalt», sagt Lea Carucci vom Streiksekretariat. Feminismus betreffe nicht nur Frauenanliegen, sondern ziele auf eine gesamtgesellschaftliche Veränderung. Unter dem Motto «Wenn wir wollen, steht alles still» legen Frauen an diesem Tag nicht nur die Lohnarbeit, sondern auch die unbezahlte Arbeit nieder. Dem Aargauer Komitee hätten sich viele Privatpersonen und Organisationen angeschlossen, sagt Lea Carucci. So unterstützen zum Beispiel die Aargauer Landfrauen oder der katholische Frauenbund die Forderungen (siehe Texte unten).

Auch solidarische Männer seien im Komitee dabei, sagt Lea Carucci. «Sie werden uns am 14. Juni aktiv unterstützen und die Arbeit übernehmen, die ihre Schwestern, Nachbarinnen oder Mütter nicht machen werden.» Neben der Demonstration in Aarau finden im Aargau am 14. Juni ein Sitzstreik oder Streikmittagessen statt (siehe Box unten).

Ein Teil der Forderungen im Manifest richtet sich an den Gesetzgeber. Er müsse «nun endlich tatsächliche Gleichstellung herstellen», sagt Sarah Thomas vom Streik-Komitee. Neben gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit werden die Einführung von Lohnkontrollen und Sanktionen im Gleichstellungsgesetz gefordert. Ausserdem streiken die Frauen für eine substanzielle Erhöhung der AHV im Tieflohnbereich und eine bessere soziale Absicherung in der beruflichen Vorsorge, insbesondere für Teilzeitbeschäftigte. Auch die Forderung nach einem Elternurlaub, von dem der Vater mindestens einen Monat bezieht, ist Teil des Manifests. Ebenso werden bedarfsgerechte Betreuungsangebote für Kinder und alte Menschen verlangt.

Diskriminierung findet aber auch im Alltag statt. Zum Beispiel beim Einkaufen: So gelten Tampons und Binden nicht als lebensnotwendige Güter, für die ein Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent gilt. Sie werden, wie Luxusgüter, mit 7,7 Prozent besteuert. «Wir fordern, dass die Luxussteuer aufgehoben wird», sagt Sarah Thomas. Weiter sollen Krankenkassen die Kosten von Verhütungsmitteln übernehmen. «Verhütung ist keine Frage des Einkommens, sondern sollte für alle verfügbar sein», sagt Sarah Thomas.

Sockelbeiträge für das Frauenhaus

Viele Forderungen zielen auf Veränderungen auf nationaler Ebene. Umso zentraler ist jene, die den Kanton Aargau betrifft. Das Streik-Komitee fordert Sockelbeiträge für das Frauenhaus Aargau-Solothurn. Die Stiftung schrieb 2017 ein Rekord-Defizit. Obwohl das Frauenhaus Hilfe suchenden Frauen und ihren Kindern jederzeit zugänglich sein muss, werden die Kantonsbeiträge pro belegtem Bett bezahlt. Sockelbeiträge, die unabhängig von der Belegung der Betten fliessen, wären eine Lösung für das Finanzproblem und würden auch bei schwankender Auslastung für Planungssicherheit sorgen. SP-Nationalrätin Yvonne Feri brachte Sockelbeiträge schon vor zwei Jahren ins Spiel – nun ist die Forderung Teil des Manifests. Sarah Thomas schliesst mit einem Zitat der französischen Schriftstellerin und Feministin Simone de Beauvoir: «Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen – sie bekommen nichts.»

Arbeit Aargau:
Gleichstellung der Frauen in der Arbeitswelt

Der Streikgrund für Arbeit Aargau, die Dachorganisation der Aargauer Arbeitnehmendenverbände, ist die Lohnungleichheit. Obwohl die Gleichheit seit 1981 in der Verfassung verankert ist und seit 1996 im Gesetz steht, betragen die unerklärten Lohnunterschiede bei gleichwertiger Arbeit noch immer 8,4 Prozent, sagte die Nationalrätin und Präsidentin von Arbeit Aargau, Irène Kälin.

Frauen seien zudem im Tieflohnbereich über- und bei den hohen Löhnen massiv untervertreten, als Migrantinnen auf Jobs mit schlechten Arbeitsbedingungen angewiesen und im Falle einer Mutterschaft schnell Opfer eines schwachen Kündigungsschutzes. «Jede zehnte Frau verliert ihre Stelle, weil sie Mutter wird», machte Kälin klar. Frauen und Männer arbeiteten im Durchschnitt fast gleich viele Stunden pro Woche, aber: Frauen zu zwei Dritteln der Zeit gratis, Männer zu zwei Dritteln gegen Lohn. Dass sich Frauen unbezahlt um Kinder, Angehörige und den Haushalt kümmern, schlage sich in ihrem Einkommen und auch in ihrer Rente nieder. «Sowohl im Erwerbsalter als auch nach der Pensionierung müssen sich Frauen mit rund 40 Prozent weniger zufriedengeben als die Männer», so Kälin.

Katholischer Frauenbund:
Gleichberechtigung in der Kirche – auf allen Ebenen

Der katholische und der evangelische Frauenbund, sowie die feministischen Theologinnen fordern Gleichberechtigung auf allen kirchlichen Ebenen. Und zwar auch für alle Katholiken und Katholikinnen, unabhängig von Geschlecht und Lebensform. Untermauert werden soll die Forderung am Frauenstreiktag mit Stiefeln, welche Frauen tragen werden, «um aus dem Sumpf der männerdominierten Kirchenhierarchie herauszuwaten», wie Vroni Peterhans, die Vizepräsidentin des Schweizerischen katholischen Frauenbunds, ausführte. Die katholische Kirche brauche dringend Strukturveränderungen, um zukunftsfähig und menschenfreundlich zu werden. «Nach aussen setzt sich die Kirche für Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung aller Menschen ein. Nun ist es höchste Zeit, dass sie das auch nach innen tut», appellierte Peterhans.

Nach den öffentlichen Kundgebungen vom 14. Juni wird der Streik auch am darauffolgenden Wochenende in den Pfarreien Thema sein. So werde etwa die Botschaft der Luzerner Theologin Jacqueline Keune verlesen. Diese besagt, dass Frauen schon zu biblischen Zeiten streikten und sich verweigerten, um ihre Ziele zu erreichen.

Aargauer Landfrauen:
Mehr Wertschätzung für ehrenamtliche Arbeit

Das Streikthema der Aargauer Landfrauen ist «Lohn für Bäuerinnen», zentraler Punkt darin ist die Forderung nach einer besseren sozialen Absicherung. Weil nur ein kleiner Teil der Mitglieder tatsächlich in der Landwirtschaft tätig sind, betreffe das nicht alle Landfrauen, sagte die Präsidentin der Aargauer Landfrauen, Lotti Baumann. Aber: Haus- und Familienarbeit betreffe alle Aargauer Landfrauen, welche sich zudem in den Dörfern zu Vereinen zusammengeschlossen haben und ehrenamtliche Arbeit leisten.

Praktisch alle diese Frauen wüssten, wie es ist, «nur» zu Hause zu arbeiten und keinen «richtigen» Job zu haben. «Wertschätzung und Anerkennung für unsere Arbeit fehlen oft. Das Schlimmste ist, dass wir Frauen uns diese Wertschätzung oft selbst zu wenig eingestehen», so Lotti Baumann. Der Frauenstreiktag soll deshalb auch ein Aufruf dazu sein, dass Frauen diese Arbeit selber wertschätzen und sich für Frauen einsetzen. «Ich bin davon überzeugt, dass es uns weiterbringt, wenn wir selbst Verantwortung übernehmen und dafür schauen, dass unsere Anliegen durchgesetzt werden», so Baumann. Mehr Frauen in der Politik wären dem dienlich.

Verein Frauenaargau:
Ein Netzwerk für mehr Solidaritat unter Frauen

Der Verein Frauenaargau übernimmt jeweils die Organisation des Runden Tischs, des Frauennetzwerks im Kanton Aargau. «Dank diesem Netzwerk haben wir es im Aargau fertiggebracht, Frauen dazu zu bewegen, sich solidarisch zu zeigen und den Frauenstreik zu unterstützen», sagte Connie Fauver, die Co-Präsidentin des Vereins. Dem Ruf einiger engagierter Einzelpersonen seien von Gewerkschaften bis Landfrauen unterschiedlichste Organisationen gefolgt, im Streik-Komitee mitzumachen und ein gemeinsames Manifest zu erarbeiten.

Frauenaargau setzt sich am Frauenstreik unter anderem ein für Lohngleichheit, mehr Plätze in Frauenhäusern und bessere Bedingungen für (unbezahlte) Betreuungsarbeit. Jahrzehntelang haben sich Männer vernetzt: ob in Clubs wie Kiwanis oder Lions, in Studentenverbindungen, im Militär, im Sport oder im Job. «Wieso, um Himmels willen, sollte es also keine Frauennetzwerke geben?», fragte Connie Fauver. Indem sich Frauen vernetzten, solidarisieren und laut werden, können sie Gleichberechtigung erreichen, «in Netzwerken mit Gleichgesinnten fällt es leichter», stellte Fauver klar.

Fernsehen SRF

Aargau

SRF Regionaljournal Aargau Solothurn

13.05.2019 17:30

-

Findet der Aargauer Frauenstreik nur nach Feierabend statt?

Am 14. Juni gehen Frauen in der Schweiz für mehr Gleichstellung auf die Strasse - auch im Aargau.
Fernsehen Tele M1

Aargau

Tele M1

13.05.2019

-

Auch Männer am Frauenstreik willkommen?

Am 14. Juni kommt es in der Schweiz zum grossen Frauenstreik. Ab 16 Uhr sollen sie symbolisch die Arbeit niederlegen. Über die Rolle des Mannes dabei herrscht aber noch Uneinigkeit.
Newsletter Logo Frauen*streik

Aargau

Frauen*streik Aargau

09.05.2019

Lea Carucci

Newsletter Frauen*streik Aargau

Liebe Unterstützer*innen vom feministischen Streik im Aargau

Nur noch 36 Tage bis zum nationalen Frauen*streik in der Schweiz! Erfahre mehr zum Fototermin am Montag, zum morgigen Einsendeschluss für unser Programm und zur Social-Media-Kampange vom 14. Mai.

morgen Freitag Einsendeschluss Programm-Flyer

Aktuell sind wir unseren Programm-Flyer am gestalten. Du planst eine Aktion, die unbedingt aufs Programm muss? Informiere uns bis MORGEN Freitag 10. Mai darüber. Nachher eingesendete Infos werden für die Aktualisierung des Programmes auf der Homepage verwendet. Das provisorische Programm findest du hier.

diesen Montag Fototermin für alle

Am Montag 13. Mai findet unsere Medienkonferenz statt. Von 09:30 - 09:45 ist ein Fototermin für ALLE beim Holzmarkt, Aarau geplant. Das Foto wird unser Beitrag zur nationalen Foto-Collage vom 14. Mai- kommet in Scharen! Die Medienkonferenz von 10:00-11:00 ist den Teilnehmer*innen der Medienkonferenz und den Journalist*innen vorbehalten.

diesen Dienstag Social Media Aktion "Streikgründe"

Gestalte dein eigenes Foto mit dem Spruch "Ich streike am 14. Juni, weil ..." respektive "Ich solidarisiere mich am 14. Juni, weil ...", welches wir am 14. Mai um 17 Uhr in unseren Sozialen Medien verbreiten. Veröffentliche deinen Beitrag unter #frauenstreik2019 oder schicke das Foto an 076 285 22 29.

Werde Unterstützer*in vom Aargauer Frauen*streik 2019

Deine Organisation, Gruppe oder anders organisiertes Kollektiv ist auch am Frauen*streik aktiv dabei und wir wissen noch nichts davon? Teile uns dies mit und wir werden dich als Unterstützer*in aufführen!

Wo suchen wir noch Hilfe?
Nächste Daten

13. Mai: Aargauer Medienkonferenz (FOTOTERMIN!)
20. Mai: Nationale Koordination (14:15 Movendo Bern)
25. Mai: Frauentagung (09:15, Aarau)
28. Mai: Treffen Komitee Aargau
06. Juni: Treffen Komitee Aargau
14. Juni: Frauen*streik-Tag!
18. Juni: Treffen zur Nachbesprechung/ wie geht's weiter?

Zeitung Schweiz am Wochenende

AARGAU

Schweiz am Wochenende

04.05.2019 04:45

Kari Kälin

Mit pinken Hüten zu mehr Rechten: Die Kirchenfrauen marschieren zum Streik auf

Frauen leisten viel für die Kirche, die wichtigen Entscheide fällen aber die Männer. Das soll sich ändern. Nun ruft der Schweizerische Katholische Frauenbund die Kirchenfrauen auf, am nationalen Frauenstreiktag aufzumarschieren.

Sie werden einen pinken Punkt tragen mit der Aufschrift «Gleichberechtigung. Punkt. Amen.» Einige werden eine selbst gebastelte pinke Mitra, die bischöfliche Kopfbedeckung für die Liturgie, tragen. Und pinke Stiefel anziehen. «Um symbolisch aufzuzeigen, dass wir Kirchenfrauen aus dem Sumpf der katholischen Kirche waten wollen», sagt Vroni Peterhans.

«Aus einem Sumpf von sexuellem Missbrauch und Ungleichbehandlung der Geschlechter», ergänzt die Vizepräsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes (SKF), der 130?000 Frauen vertritt. Das lohne sich. Denn trotz ihrer Fehler hätten die Frauen die Kirche gerne, sie biete eine emotionale Heimat.

Von der «reformunfähigen hierarchischen Kirche» ist Peterhans enttäuscht. Die Katechetin aus dem Kanton Aargau wirkt bei den Vorbereitungen der Kirchenfrauen für den nationalen Frauenstreiktag vom Freitag, 14. Juni, mit. Sie werden auch in der katholischen Kirche fordern. Unterstützt wird der SKF unter anderem von der IG feministische Theologinnen der Schweiz und Liechtensteins sowie den Evangelischen Frauen der Schweiz (EFS).

In den Leitungsgremien seien Frauen bei den Protestanten untervertreten, sagt EFS-Präsidentin Dorothea Forster. Und die EFS bekundeten ihre Solidarität mit den katholischen Frauen und deren Forderung nach der Öffnung sämtlicher kirchlicher Ämter für Frauen wie in der reformierten Kirche.

Widerstand im Gottesdienst

Zum einen werden sich die Kirchenfrauen überall in der Schweiz unter die Streiks mischen, die von gewerkschaftlicher Seite organisiert werden. Sie tragen deren Anliegen wie Lohngleichheit oder eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit.

Zum anderen werden sie am folgenden Samstag und Sonntag vor und in Kirchen mit diversen Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam machen. «Denkbar ist zum Beispiel, dass Frauen den Gottesdienst vor der Tür feiern, an Kirchtürmen Leintücher mit dem pinken Punkt wehen lassen oder an Kirchentüren Transparente platzieren», sagt Peterhans.

Zudem wollen sie in Gottesdiensten eine Widerstandserklärung verlesen, welche die Luzerner Theologin Jacqueline Keune verfasst hat. Sie kritisiert darin etwa, dass Frauen «allein aufgrund ihres Geschlechts immer noch abgewertet und ausgeschlossen werden».

Ohne den Einsatz der Frauen kommt die Seelsorge zum Erliegen.
Vroni Peterhans, Vizepräsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes

Peterhans ist nicht bekannt, dass etwa Pastoralassistentinnen oder Sakristaninnen ihre Mitwirkung an Gottesdiensten verweigern. «Wir wollen nicht eine Taufe bestreiken und damit Menschen verletzen», sagt Peterhans. «Wenn es die Umstände an einzelnen Orten aber zulassen, fände ich es toll, wenn gestreikt würde.» Damit könnte man, so die Vizepräsidentin des SKF, aufzeigen, wie wichtig die Frauen für die Aufrechterhaltung des kirchlichen Betriebs sind. «Ohne ihren Einsatz kommt die Seelsorge zum Erliegen», sagt sie.

In der Tat leisten Frauen einen wesentlichen Beitrag, den Priestermangel abzufedern. So stieg zum Beispiel in den letzten Jahren die Zahl der Pastoralassistentinnen kontinuierlich bis auf 403 im Jahr 2017. Als Pastoralassistenten waren in diesem Jahr 451 Männer tätig. Pastoralassistenten und -assistentinnen gestalten Gottesdienste und Predigten, besuchen Kranke und erteilen Religionsunterricht. Sie dürfen auch Kinder taufen und Ehen schliessen.

Allerdings dürfen sie – genau gleich wie Diakone – nicht alle Sakramente spenden. Die Eucharistie, die Beichte und die Krankensalbung bleiben den geweihten Priestern vorbehalten. Kurzum: Pastoralassistenten und -assistentinnen absolvieren zwar die gleiche Ausbildung wie Priester, haben aber weniger Befugnisse.

Jetzt verlangen die Kirchenfrauen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau auf allen Ebenen, den Zugang der Frauen zu allen Ämtern, weniger Hierarchie, mehr Mitbestimmung. Diese Anliegen wollen sie auch bei den Schweizer Bischöfen mit Nachdruck deponieren.

Letztlich laufen die Reformbestrebungen auf die Weihe von Frauen zu Diakoninnen, Priesterinnen oder Bischöfinnen hinaus. Vroni Peterhans ergänzt, wichtig seien vor allem menschen-, aber auch männerfreundlichere Strukturen, zum Beispiel die Abschaffung des Pflichtzölibats, der Zwangsehelosigkeit. «Sonst können Frauen zwar Priesterinnen werden, aber die alten Strukturen bleiben bestehen.»

Es gibt Anzeichen, dass sich die klerikale Obrigkeit der Schweiz gegenüber den Anliegen der Kirchenfrauen öffnet. In seiner Osterpredigt in der Solothurner Kathedrale erklärte zum Beispiel Felix Gmür, Bischof des Bistums Basel und aktuell Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, man müsse auch praktisch denken. Das Frauendiakonat sei in Rom in der Pipeline und er würde einem zukunftsweisenden Entscheid positiv gegenüberstehen.

Mit anderen Worten: Gmür würde es begrüssen, wenn der Papst grünes Licht für die Weihe von Diakoninnen gäbe. Das Diakonat ist eine Vorstufe zum Priester, die auch verheirateten Männern offensteht.

Sie will Priesterin werden

Und der Papst? Für Franziskus kommen Frauen als Priesterinnen weiterhin nicht infrage. In einem apostolischen Schreiben hielt er fest: «Das den Männern vorbehaltene Priestertum als Zeichen Christi, des Bräutigams, der sich in der Eucharistie hingibt, ist eine Frage, die nicht zur Diskussion steht.» Das hat viele katholische Frauen enttäuscht.

Eine davon ist Jacqueline Straub, die aus Deutschland stammt und heute in Muri im Kanton Aargau lebt. Dennoch gibt die 28-jährige, verheiratete Theologin die Hoffnung nicht auf, eines Tages doch noch zur Priesterin geweiht zu werden. Sie spüre diese Berufung und diesen Wunsch.

Straub, Journalistin und Autorin des Buches «Kickt die Kirche aus dem Koma», begrüsst den Streik der Kirchenfrauen. «Sie können damit aufzeigen, was sie alles für die Kirche leisten», sagt sie – und hofft, dass der Streiktag das Frauenpriestertum wieder auf die Agenda der Schweizer Bischöfe bringt.

Straub verlangt, dass diese dem Anliegen nicht nur verständnisvolle Worte entgegenbringen, sondern dieses auch in Rom gegenüber den konservativen Kräften verteidigen. Straub selber wird sich nicht an den Streikaktivitäten beteiligen können. Sie weilt für einen Vortrag in Deutschland, wird an diesem Tag aber solidarisch Pink tragen und im Vorfeld über Social Media darauf aufmerksam machen, doch daran teilzunehmen.

Vroni Peterhans hofft derweil, dass am 14. Juni Zehntausende Kirchenfrauen auf die Strasse gehen, sich pink und lautstark bemerkbar machen. Wie viele Frauen insgesamt auf die Strasse gehen werden, ist schwierig abzuschätzen. Beim letzten Frauenstreik vom 14. Juni 1991 waren es schweizweit rund eine halbe Million.

Zeitung Horizonte Magazin der katholischen Kirche

SCHWEIZ

Horizonte

25.04.2019

Anne Burgmer

In pinken Gummistiefeln zum Streik

Am ersten Frauenstreik 1991 sollen geschätzt eine halbe Million Frauen beteiligt gewesen sein. Mit Erfolg: Ein Gleichstellungsgesetz stellte Mitte der 1990er Jahre verbindliche Regeln für die Umsetzung des Gleichstellungsartikels auf und enthielt auch ein Verbot der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz.

Höhenfeuer für Frauenbewegung

Knapp 30 Jahre nach diesem ersten nationalen Frauenstreik formiert sich erneut ein breites Bündnis, um am 14. Juni 2019 mit vielen Aktionen darauf aufmerksam zu machen, dass Gleichstellung nach wie vor nicht erreicht ist. Und längst rufen nicht nur Gruppierungen zum Streik auf, von denen man es erwartet. So schreibt der Schweizer Bäuerinnen- und Landfrauenverband auf seiner Homepage: «Damit die Frauenbewegung nicht nur in den Städten sichtbar wird, rufen wir alle Bäuerinnen, Landfrauen und Dorfbewohnerinnen dazu auf, sich mit einer Aktion der schweizweiten Organisation des Frauenstreiks anzuschliessen.» Am 7. Juni, so die Idee, sollen überall Höhenfeuer entfacht werden.

In Gummistiefeln zum Streik

Im Rahmen des Frauenstreikes formiert sich auch ein Frauenkirchenstreik. Die Forderung nach Gleichberechtigung in der Kirche – auch mit Blick auf die Weiheämter – steht schon lange im Raum. Doch die Skandale um Missbrauch von Kindern, Jugendlichen und Ordensfrauen in der katholischen Kirche haben das Fass für viele Katholikinnen endgültig zum Überlaufen gebracht. In einem Interview mit Radio Live Channel bringt Vroni Peterhans die Problematik auf den Punkt. Es gehe ihnen einmal um die grundsätzlichen Themen des Streikaufrufs, denn «wir vertreten rund 130‘000 Frauen und die Themen sind uns deshalb wichtig», so die Vizepräsidentin des SKF.

Zusätzlich habe sich aber in der katholischen Kirche ein Reformstau entwickelt, der andere Methoden notwendig mache. Frauen und auch aufgrund ihrer Lebensform ausgeschlossene Männer müssten endlich auf allen Ebenen mitentscheiden und –gestalten können. Die von Männermacht dominierte Kirche müsse ihre Strukturen verändern, damit sie zukunftsfähig bleibe. Um in diesem Sumpf nicht stecken zu bleiben, ergeht auf den Seiten des Frauenbundes der Aufruf, man möge in Gummistiefeln zum Streik kommen.

Wir sind gerne katholisch, aber…

«Wir sind gerne katholisch. Das gibt uns Heimat und wir wollen gerne in der Kirche mitmachen. Doch die Strukturen sind für uns nicht einladend und veranlassen Frauen eher dazu, auszutreten», zeigt sich Vroni Peterhans überzeugt. Neben dem SKF rufen auch die Evangelische Frauen Schweiz, die IG feministische Theologinnen und die feministisch-theologische Zeitschrift FAMA zum Streik auf. Der Frauenkirchenstreik soll über den politischen Frauenstreik hinaus auch auf das Wochenende vom 15. und 16. Juni ausgedehnt werden. Verschiedene Aktionsvorschläge sind auf der Homepage des Frauenbundes aufgeführt.

Newsletter Logo Frauen*streik

Aargau

Frauen*streik Aargau

23.04.2019

Lea Carucci

Newsletter Frauen*streik Aargau

Liebe Unterstützer*innen vom feministischen Streik im Aargau

In weniger als 2 Monaten wird der Frauen*streik stattfinden- dafür können wir Deine Unterstützung gebrauchen! Interessiert was am Frauen*streik im Aargau läuft und wo man mithelfen kann? Hier gibt's den Überblick. Und was gibt's sonst noch so Neues? Unser Aargauer Manifest ist fertig und unsere Homepage ist endlich online! Die findest du hier:

Was ist alles geplant am 14. Juni im Aargau?

Grobplanung
Streikzmittag in Aargauer Bezirken

Du möchtest an einem Ort mithelfen? Melde dich per E-Mail.

Weitere Orte sind möglich (z.B. Wettingen, Lenzburg), nimm dafür mit uns Kontakt auf.

Was kann ich sonst noch tun?
Solidarische Männer

Wir brauchen Dich am 14. Juni 2019 als solidarischer Helfer* am Frauen*streik, denn nur gemeinsam schaffen wir eine gleichberechtigte Welt zwischen den Geschlechtern. Du wilst dich für einen konkreten Einsatz melden? Trag dich hier ein. Entlaste uns am Streiktag, indem Du an diesem Tag Dinge übernimmst, die die Frauen* aus Deinem Umfeld nicht machen werden.

Material bestellen

Du kannst bei uns Flyer/ Plakate/ Visitenkarten/ Fahnen/ Buttons/ Aufkleber bestellen. Bitte früh genug ein Mail mit der benötigten Stückanzahl an uns senden.

Streiken- wie geht das?

Bei einem Streik geht es um eine kollektive Arbeitsniederlegung. Deshalb: Streike nicht alleine! Sprich mit Deinen Kolleginnen über die Arbeitsverhältnisse und mögliche Forderungen an den/die Arbeitgeber*in. Nimm Kontakt mit Deiner Gewerkschaft auf, diese unterstützt Dich und Deine Kolleginnen bei der Vorbereitung und Durchführung von Aktionen. Hier findest du eine Auflistung der SGB-Gewerkschaften.

Nächste Daten

24. April: Treffen Ressort Mobilisierung (18:00 Unvermeidbar Baden)
01. Mai: Präsenz am 1. Mai
08. Mai: Treffen Frauen*streik-Komitee Aargau (18:00 Volkshaus Aarau)
13. Mai: Aargauer Medienkonferenz
20. Mai: Frauentagung (09:15, Aarau)
14. Juni: Frauen*streik-Tag!
18. Juni: Treffen zur Nachbesprechung/ wie geht's weiter?

Zeitung 1. Mai Zeitung

Aargau

AGB - Aargauischer Gewerkschaftsbund

15.04.2019

Sarah Thomas

1. Mai Zeitung

Die Zeitung zum Tag der Arbeit SP und Gewerkschaften des Kantons Aargau Ausgabe vom 1. Mai 2019

Wie lange noch ?!

In der Schweiz ist die Gleichstellung der Geschlechter seit 1981 in der Bundesverfassung verankert. Rechtlich hat die Schweiz zwar vieles erreicht, aber von einer tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter sind wir weit entfernt. Noch immer leben wir in der «Men’s World», wie sie James Brown 1966 besungen hatte: Obwohl wir Frauen* zur Mehrheit zählen, sind wir doch in der Minderheit. Von den hundert grössten Arbeitgeber*innen der Schweiz werden derzeit drei von einer CEO geführt. In der Riege der Verwaltungsratspräsident*innen sitzen mehr Männer mit Namen Jörg, Peter oder Urs als Frauen und in der Politik sind Frauen* mit einem Anteil von nur 33% im Nationalrat und 15% im Ständerat ebenfalls noch immer krass untervertreten!

Es sind Fakten wie diese, die uns alle dazu animieren müssen, am 14. Juni 2019 erneut zu streiken. Es braucht eine Politik von und für Frauen, inter, trans, und nonbinary Menschen, nicht die heutige Politik, welche wie der Tages-Anzeiger jüngst titelte: «Solange Männer Politik für Männer machen, werden Akademikerinnen weiter daheim Gratisabeit leisten», umschrieben werden kann. Nicht nur Akademikerinnen sind von dieser Politik betroffen: Das schweizerische Steuersystem beruht auf einer Rollenverteilung aus dem letzten Jahrhundert, bei welcher die Frau nach der Heirat üblicherweise aus dem Arbeitsmarkt ausschied. Wenn eine Frau nach dem zweiten Kind, Steuerveranlagung und teure familienexterne Kinderbetreuung sei Dank, wieder arbeiten geht, so frisst die Progression diesen Lohn gleich wieder weg. Das Signal, das dabei an diese Frauen gesendet wird «Arbeiten lohnt sich für euch nicht» ist nicht nur falsch, sondern auch wirtschaftsschädlich

Tatsächliche Gleichstellung sieht anders aus

Es kann doch nicht mehr sein, dass zwar eine von drei Frauen* einen Hochschulabschluss hat, während bei Männern die Zahl bei 1:4 liegt und trotzdem die Professorinnen an Schweizer Hochschulen signifikant in der Minderheit sind. Es darf nicht sein, dass es mehr Parlamentarier namens Hans gegeben hat, als Frauen im Parlament. «Helvetia ruft» hat uns eindrücklich vorgerechnet: Stellen wir uns vor, im Nationalrat wären 135 Frauen* und 65 Männer und im Ständerat 40 Frauen* und 6 Männer. Wie würde das unsere Politik verändern?

Realität sieht anders aus: Aus denselben Gründen haben Frauen* in der Schweiz bereits am 14. Juni 1991 zum Streik «Wenn Frau will, steht alles still» aufgerufen. Einiges wurde Dank den Frauen von damals erreicht: Mutterschaftsurlaub, Splittung der AHV, die Fristenlösung und Massnahmen gegen häusliche Gewalt. Dennoch stagniert die Gleichstellung auf der internationalen Bühne wie auch in der Schweiz. Ja, schlimmer noch, mit dem Argument, die Gleichstellung sei ja erreicht, werden uns Frauen* erlangte Errungenschaften wieder genommen. Im Aargau wurde sogar die Fachstelle für Gleichstellung gestrichen! Kann Mann diese Entwicklungen gutheissen? Müsste nicht endlich wieder mehr für Frauen* getan werden?

Es muss noch viel getan werden!

Im Folgenden eine nicht abschliessende Aufzählung unserer Forderungen: Wir fordern in der Altersvorsorge eine substanzielle Erhöhung der AVH im Tieflohnbereich. Weil viele Frauen* im Alter nur von der AHV-Rente leben müssen, ist in der Schweiz jede fünfte Frau über 65 von Altersarmut betroffen. Wir fordern, dass Bäuerinnen für ihre Arbeit bezahlt und sozialversichert werden, da auch Bäuerinnen ein Recht auf Mutterschaftsurlaub und eine gerechte Entlöhnung haben. Wir fordern bedarfsgerechte Betreuungsangebote für Kinder und alte Menschen. Damit die Familienarbeit geteilt werden kann, müssen familienergänzende Betreuungsangebote qualitativ hochwertig, bezahlbar und überall verfügbar sein. Wir fordern einen Elternurlaub, von dem der Vater* mindestens einen Monat bezieht, weil beide Elternteile Verantwortung für die Kinder tragen. Wir fordern, dass Verhütungsmittel von der Krankenkasse übernommen werden, weil Verhütung keine Frage des Einkommens, sondern für alle verfügbar sein muss. Wir fordern unter anderem auch, dass die Luxussteuer für Tampons und Binden aufgehoben wird, weil Tampons und Binden lebensnotwendige Güter sind und deshalb mit einem Mehrwertsteuersatz von 2.5 % statt 7.7 % besteuert werden sollen.

Alle unsere Forderungen sind in unserem Manifest aufgelistet. Denn wie Simone de Beauvoir bereits sagte: «Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen – sie bekommen nichts.» Wir fordern, damit die Jörg, Peter, Hans oder Urs’ in diesem Land Konkurrenz bekommen.

Radio Kanal K

Aargau

Kanal K

07.04.2019

-

Schwarzer Stern

u.a. Neue Polizei Gesetz in Bern

Zeitung work

SCHWEIZ

work

29.03.2019

Patricia D'Incau

Auch die Katholikinnen wollen streiken

Mehr als fünfzehn Organisationen rufen inzwischen zum Frauenstreik am 14. Juni auf, von links bis bürgerlich.

Die Organisatorinnen vom Women’s March haben schon zugesagt. Sie hatten nach der Wahl von US-Präsident Donald Trump in Zürich und Genf grosse Frauenprotestmärsche organisiert. Mit dabei ist auch Amnesty International. Genauso wie die Grünen, die SP und die Rentnerinnen von der Grossmütterrevolution. So wie der bürgerliche Frauendachverband Alliance F, der 400’000 Frauen vertritt. Er organisiert am 14. Juni einen Anlass im Bundeshaus und ruft seine Mitglieder dazu auf, auch an anderen Streikaktivitäten teilzunehmen.

Und jetzt haben auch die Katholikinnen beschlossen: Am 14. Juni werden die Kirchen pink. Am 15. und 16. Juni auch. Gleich drei Tage lang will der katholische Frauenbund (SKF) streiken. Das sind 600 Vereine mit insgesamt 130’000 Mitgliedern, die finden: Gleichstellung kann nicht vor der Kirchentür enden. Wann sonst sollten sie also streiken, wenn nicht am Wochenende, wenn an den Altären Hochbetrieb herrscht?

«In der katholischen Kirche brodelt es.»

SKF-Sprecherin Kathrin Winzeler sagt es so: «Die Gleichberechtigung ist in der katholischen Kirche nicht vorhanden. Noch nicht einmal auf dem Papier.» Alle bedeutenden Posten seien bis heute Männern vorbehalten. Das stört die Kirchenfrauen. Aber auch, dass Papst Franziskus Abtreibung mit einem Auftragsmord gleichsetzt. Und dass der Vatikan zu wenig tut, um sexuellen Missbrauch zu sanktionieren. Da komme vieles zusammen, sagt Winzeler: «Es brodelt.»

Am 14. Juni soll das hör- und sichtbar werden. Auch die Evangelischen Frauen Schweiz (EFS) und die IG feministische Theologinnen unterstützen das. SKF-Frau Winzeler ist überzeugt: «Je mehr Organisationen am Frauenstreik teilnehmen, desto wirkungsvoller wird er.»

Frauenvereine und Kurdinnen

Das sieht auch Béatrice Bürgin so. Sie ist Präsidentin der Schweizerischen Gemeinnützigen Frauen (SGF), dem Dachverband der Frauen­vereine. Mitte März haben auch sie den ­Frauenstreik beschlossen. Bürgin sagt: «Der Entscheid ist breit abgestützt.» Im SGF sind Frauen aus dem ganzen politischen Spektrum vertreten. Und sie wollen am 14. Juni vor allem die viele unbezahlte Arbeit sichtbar machen. «Der Löwenanteil wird noch immer von den Frauen geleistet», sagt Bürgin. Das sei gerade auch bei den Frauenvereinen so. Vor allem seien Frauenvereine aber auch Orte der Solidarität: «Im Verein kommen Frauen zusammen, tauschen sich aus und helfen einander.» Diese gegenseitige Unterstützung sei zentral. Gerade auch beim Frauenstreik.

Um die Solidarität geht es auch den Kurdinnen. Sie waren von Anfang an bei den Streikvorbereitungen dabei. Für Özen Aytaç von der kurdischen Frauenbewegung ist klar: «Der Kampf der Frauen endet nicht an der Landesgrenze.» Auf der ganzen Welt würden sich Frauen gegen Unterdrückung und Gewalt wehren. Es gehe darum, diese Kämpfe zu verbinden. Aytaç nennt das Beispiel von Rojava. Ein syrisches Gebiet, in dem die Kurdinnen und Kurden den IS besiegt und ein neues System eta­bliert haben. Kein kapitalistisches, sondern ein wirtschaftlich und politisch demokratisches. Mit der Frau als gleichberechtigter Akteurin. Aytaç: «Alle wichtigen Posten dort sind als Co-Leitung besetzt. Mit einer Frau und einem Mann.» Denn eine freie Gesellschaft «könne es nur mit der Freiheit der Frauen geben».

Die Wirtschaftsfrauen

Die Überwindung des Kapitalismus sei «ganz sicher nicht» ihre Sache, sagt Claudine Esseiva. Die freisinnige Berner Politikerin sitzt im Zentralvorstand der Business and Professional ­Women (BPW), des grössten Wirtschaftsfrauenverbands der Schweiz. Schliesslich seien sie «allesamt Geschäftsfrauen». Dennoch «werden wir am 14. Juni dabei sein».

Geplant sei ein eigenes Positionspapier. Die Forderungen: bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mehr Frauen in den Chefetagen und Lohngleichheit. Für Esseiva ist klar: Nachdem das Parlament letztes Jahr alle Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten zu Lohnanalysen verpflichtet hat, «muss jetzt die Wirtschaft ran».

Zeitung work

SCHWEIZ

work

15.03.2019

Marie-Josée Kuhn

Der Frauenstreik ist lanciert

Schon der Start war ein Riesenfest! Rund 500 Frauen aus der ganzen Schweiz haben in Biel gemeinsam Schwung geholt. Für den Frauenstreik am 14. Juni.

Sturmtief Eberhard fetzt ums Bieler Volkshaus, La Rotonde, der rote, runde Bau aus den 1930er Jahren, Sinnbild der Arbeiterinnen- und Arbeiterstadt. Regen peitscht gegen Scheiben. Doch drinnen im Saal mit den hohen, schmalen Fenstern ist es heiss. Über 500 Frauen sitzen, stehen, gehen und applaudieren. Oder buhen. Klopfen Beifall mit den Füssen. Eine trägt eine pinkige Perücke, eine andere ein lila Traineroberteil. Unia-Frauen tragen lila Zylinder und halten poppige Plakate in die Höhe: «Mehr Lohn, mehr Zeit, mehr Respekt!» Und zwei mit Frauenzeichen auf den Wangen lachen breit. Alle sind sie gekommen, den Frauen­streik zu lancieren. Und zu hören, wo, wer, was schon plant. An der roten Balustrade prangt das violette Transparent: «14. Juni 2019, Frauen*streik».

Auftritt der Sprecherin des Frauenstreikkollektivs Freiburg: «Bei uns müssen wir zahlen, wenn wir demons­trieren wollen», sagt sie ins Mikrophon. Der Saal buht. Die Frau fährt fort: «Am Frauentag am 8. März gingen wir dann halt auf einem Platz immer im Kreis und demonstrierten so. Wir übten schon für den Frauenstreik.» Der Saal klatscht. Auftritt des Streikkollektivs der Uni Bern. Sie hatten am 8. März die WC-Türen mit Zahlen zur körperlichen und strukturellen Gewalt gegen Frauen vollgeklebt: «Schliesslich stirbt in der Schweiz alle zwei Wochen eine Person an den Folgen häuslicher Gewalt. Meistens Frauen.» Und auch die Studentinnen bleiben dran. Genauso wie die Walliserinnen: «Bei uns passiert derzeit eine historische Mobilisierung, nicht nur in der Stadt, auch auf dem Land», berichten sie. Der Saal johlt.

Wir machen ein Topfdeckelkonzert, wir tragen Violett, Lila oder Pink und den Streikknopf, und wir machen Gleichstellung zum Thema.

Schwangere Männer

Die Sprecherin des Luzerner Streikkollektivs erzählt: «Ihr alle wisst, Luzern ist ein stockkonservativer, stockkatholischer …», hebt sie an. Buuh! Und Luzern habe einen Regierungsrat mit fünf alten Männern. Buuh! Und keiner einzigen Frau. Pfeifkonzert. Füsse trommeln. «Grund genug, am 14. Juni zu streiken!» Applaus und Auftritt der Sprecherin der Frauenhäuser: «Es ist kaum zu glauben, aber jetzt wollen sie das Mädchenhaus in Biel schliessen!» Buhrufe und Sprechchor: «Frauenstreik, Frauenstreik, Scioppero delle donne, So-so-so-Solidarité!»

Alle können am 14. Juni etwas zum Frauenstreik beitragen: Wir machen ein Topfdeckelkonzert, wir tragen Violett, Lila oder Pink und den Streikknopf, wir hängen Plakate, Schürzen, Fahnen, Besen, Transparente aus den Fenstern, und wir machen Gleichstellung zum Thema. Zum Beispiel so, sagt die junge Frau ins Mikrophon: «Wenn die Männer gebären könnten, denkt ihr nicht auch, dass dann alle Städte voller Statuen mit schwangeren Männern wären?» Johlen und Sprechchor: «Wenn Frau will, steht alles still!»

Das Manifest

Und jetzt zum Frauenstreikmanifest (siehe unten). Es wird anschliessend an einer Medienkonferenz verlesen. Jeder der 17 Punkte von einer anderen Frau. In ihrer Sprache: französisch, deutsch, italienisch, spanisch, kurdisch usw. Alle sollen mitmachen können: «Wir schliessen keine aus!» Die Änderungsvorschläge sind zahlreich: Im Punkt 1 steht «alleinstehende Frauen», das finde sie nicht gut, sagt die Antragsstellerin: «Wenn eine Frau weder Partnerin noch Partner hat, ist sie deswegen noch lange nicht alleinstehend.» Im Saal gehen wackelnde Hände in die Luft, sie signalisieren Zustimmung. Die Veranstaltungsleitung, vorne auf der Bühne sitzend, fragt: «Und hast du einen besseren Vorschlag?» – Klar hat die Frau das: «Frau mit oder ohne Partnerin oder Partner». Und wieder wackeln die Hände. Fragt eine andere und erhebt sich: «Warum heisst es unter Punkt 7 ‹in einem problematischen System›? Warum schreiben wir nicht im ‹kapitalistisch-patriarchalen System›?» Nein, ruft’s vereinzelt. Die Mehrheit stimmt aber heftig wackelnd zu. Und immer kommen noch mehr Änderungswünsche. Doch ein Chaos gibt es nicht. Geduldig nehmen die Moderatorinnen alles auf, suchen nach Übersetzungen, lassen abstimmen. Eine prima Frauenlandsgemeinde.

Das Finale

Dann, nach zwei Stunden, ist es endlich so weit: Während die Vorleserinnen das Manifest verlesen, steigt die Stimmung. In Wellen erheben sich die Frauen von ihren Stühlen, fahren die Fäuste hoch, skandieren, klopfen Beifall – und setzen sich wieder. Sturm Eberhard, ein Dreck dagegen. Es folgt das Finale, molto mosso: Der Frauenstreik 2019 ist lanciert!

Appell für den Frauen*streik am 14. 6. 2019

Angenommen von der nationalen Streikversammlung in Biel am 10. März 2019.
  1. Wir, Frauen, Lesben, Inter, Non-binary und Transpersonen (FLINT), mit oder ohne Partner*in alleinstehende Frauen*, Frauen* in einer Partnerschaft, in der Gemeinschaft, mit oder ohne Kinder, mit oder ohne Arbeit, unabhängig von der Art der Arbeit, gesund oder krank, mit oder ohne Beeinträchtigung, hetero, ob jung, erwachsen oder alt, hier oder in einem anderen Land geboren, unterschiedlicher Kultur und Herkunft, wir alle rufen auf zum Frauen*streik am 14. Juni 2019. Wir wollen die tatsächliche Gleichstellung und selbst über unser Leben bestimmen. Deshalb werden wir am 14. Juni 2019 streiken!
  2. Wir sind es, die für die Hausarbeit, die Erziehungsarbeit und die Pflege zu Hause sorgen, ohne die unsere Gesellschaft und Wirtschaft nicht funktionieren könnten. Wir sind es, die sich um das Wohlergehen der Kinder und der betagten Eltern kümmern und sorgen. Aber es fehlt uns an Geld und an Zeit.
  3. Wir wollen gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Wir wollen eine Aufwertung der «Frauenberufe» und ihre angemessene Entlöhnung. Wir wollen Sozialversicherungen, die unsere Existenz sichern. Wir wollen Renten, die uns ein Leben in Würde ermöglichen, ohne dass unser Rentenalter erhöht wird. Wir wollen Arbeitsbedingungen, die uns die echte Gleichstellung in der bezahlten und unbezahlten Arbeit garantieren.
  4. Wir fordern eine Wirtschaftspolitik, die bezahlte und unbezahlte Carearbeit ins Zentrum stellt und diese finanziert. Wir wollen die Anerkennung und gerechte Verteilung der Haus- und Sorgearbeit, ihre ökonomische Aufwertung und Anrechnung in den Sozialversicherungen, einen längeren Mutterschaftsurlaub, eine Elternzeit und einen Urlaub im Falle kranker Kinder und Angehöriger. Wir fordern ein ausreichendes und kostenloses Angebot an öffentlichen Einrichtungen für die Betreuung unserer Kinder, für die Sorge für unsere älteren Menschen und für unser Leben.
  5. Wir wollen die generelle Reduktion der Arbeitszeit, mit gleich bleibendem Lohn und einem Mindestlohn, damit die bezahlte und unbezahlte Arbeit besser verteilt werden kann und weil das kapitalistische Wirtschaftsmodell die Menschen abwertet und herabsetzt und auch damit wir die natürlichen Ressourcen unseres Planeten nicht weiter ausbeuten. Wir wollen Zeit für die Familie und das Sozialleben. Wir wollen Zeit, um unser Leben zu leben.
  6. Wir wollen einen geregelten Status und eine Gesetzgebung, die jene Frauen* schützt, die aus anderen Ländern kommen, oft, um als Betreuerinnen für Kinder, kranke und betagte Menschen zu sorgen, und andern Frauen* wie auch ihren Partner*innen dadurch ermöglichen, ihren Beruf auszuüben und auch Karriere zu machen. Wir bekräftigen unsere Solidarität und fordern für alle das Recht auf gute ­Arbeits- und Lebensbedingungen.Wir bekämpfen die Doppeldiskriminierung, die Migrant*innen erleben.
  7. In einem patriarchal-kapitalistischen System, in dem Männlichkeiten und Weiblichkeiten nicht als gleichwertig betrachtet werden, sind wir diejenigen, die Sexismus, Diskriminierung, Stereotypen und Gewalt ausgesetzt sind, am Arbeitsplatz, in der Ausbildung, auf der Strasse, zu Hause und in den staatlichen Institutionen. Wir sind Opfer spezifischer Unterdrückungen aufgrund unserer Hautfarbe, unseres so­zialen Hintergrunds, unserer Situation als Mütter und Grossmütter, wegen unserer Beeinträchtigung, unserer ­sexuellen Orientierung und Geschlecht­s­­identität.
  8. Wir wollen frei entscheiden können über unsere Se­xualität und Geschlechtsidentität. Wir fordern Respekt gegenüber unserem Körper und unserem Leben und lehnen geschlechtsspezifische und FLINT-phobe Gewalt ab.
  9. Wir wollen der Straffreiheit und Bagatellisierung von sexuellem Missbrauch ein Ende bereiten und fordern einen na­tionalen Präventionsplan zur Bekämpfung von Gewalt, mit dem auch die Istanbul-Konvention umgesetzt wird. Sexistische und sexuelle Gewalt sollen als Asylgrund anerkannt werden.
  10. Wir wollen Massnahmen zum Schutz von Migrantinnen, die in ihren Herkunftsländern, auf ihrem Migrationsweg oder hier bei uns psychische, physische und sexuelle Gewalt erlebt haben und erleben. Wir fordern für sie ein Bleiberecht.
  11. Wir wollen selbst über unsere Körper bestimmen. Wir wollen Barrierefreiheit und Assistenz, damit Frauen* mit Beeinträchtigung ein selbstbestimmtes Leben führen können. Wir wollen Abtreibung und Empfängnisverhütung zum Null­tarif und Behandlungen zur Geschlechtsanpassung, die auf Selbstbestimmung beruhen. Wir wollen die Abschaffung der rosa Steuer für weibliche Hygieneprodukte.
  12. Wir sind diejenigen, über die in den Geschichts­büchern nichts steht, die in der von Männern und für Männer geprägten Öffentlichkeit und Politik nur in Klammern erscheinen und die man dazu erzieht, sich einem stereotypen Rollenbild der «Frau» unterzuordnen, oder die von der Macht ferngehalten werden.
  13. Wir wollen, dass die Schule, die Hochschulen, die Universitäten und andere Bildungseinrichtungen ein Ort der Emanzipation und Bildung zu kritischem Denken und Gleichstellung sowie einvernehmlichem Handeln, sexueller Vielfalt und gegenseitigem Respekt sind.
  14. Wir wollen die Abschaffung von geschlechtsspezifischen Stereotypen in der Kultur, den Medien, der Erziehung und der Werbung. Wir wollen den öffentlichen Raum und die Politik neu besetzen und den Platz einnehmen, der uns zusteht, mindestens die Hälfte.
  15. Wir wollen eine gesellschaftliche Debatte lancieren über dieses kapitalistische Wirtschaftssystem, von dem nur eine Minderheit profitiert, während die Mehrheit der Weltbevölkerung, insbesondere Frauen*, ausgebeutet wird, in Armut lebt und das Klima gefährdet ist.
  16. Wir sind stark in unserer Vielfalt und fordern das Recht auf ein freies Leben in einer Gesellschaft, die gleiche Rechte für alle garantiert, eine solidarische, gleichberechtigte und gewaltfreie Gesellschaft, insbesondere gegenüber Frauen*, und frei von Femiziden. Wir unterstützen, was die Isländerinnen sagen: «Ändern wir nicht die Frauen, ändern wir die Gesellschaft!»
  17. Darum werden wir am 14. Juni 2019 streiken. Wir bestreiken die bezahlte Arbeit, die Hausarbeit, die Sorgearbeit, die Schule, den Konsum. Auf dass unsere Arbeit sichtbar werde, unsere Forderungen gehört werden, der öffentliche Raum uns allen gehöre!

* Inkl. Personen, die nicht Cisgender sind (Cisgender = Personen, deren Geschlechtsidentität dem Geschlecht entspricht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde).

Zeitung 12 App

SCHWEIZ

#12App

15.03.2019

Rafaela Roth

Frauen wollen die Schweiz lahmlegen

Ein zweiter Frauenstreik rollt auf die Schweiz zu. Die Gründe haben sich geändert seit 1991, die Dringlichkeit ist geblieben.

Frauenkampftag, 8. März, 7 Uhr morgens. Eberhard bläst fies durch die Badener Bahnhofsunterführung. Oder war es Cornelius? Bennet? Die letzten drei Sturmtiefs waren jedenfalls männlich. «Frauenstreik! 14. Juni!» – eine Frauenstimme reisst die Pendler aus ihrer In-sich-Gekehrtheit, klar und laut. «So hören sie es trotz Ohrstöpseln», sagt Gianna Ferrari, und lacht. Die 24-jährige Studentin hat mit anderen Frauen das Aargauer Streikkollektiv angestossen. Heute, ein paar Wochen später, verteilen Dutzende im ganzen Kanton Flyer.

Ferrari treibt die Gewalt auf die Strasse, die Gewalt gegen Frauen. «Seit ich anfing zu sehen, sehe ich immer mehr», sagt die 24-Jährige. Zu sehen beginnt sie, als sie merkt, dass alle ihre Freundinnen Geschichten von Belästigungen zu erzählen haben, dass ihnen von kurzen Röcken abgeraten wird, dass sie Selbstverteidigungskurse besuchen, sich machtlos fühlen, wenn sie nachts in eine Männergruppe geraten. «Ich verstand plötzlich, dass, was normal ist, überhaupt nicht normal ist.»

«Frauenstreik! 14. Juni!», Ferrari streckt einer jungen Frau den Flyer hin, diese lächelt, dankt, geht weiter, schaut im Gehen auf eine geballte Frauenfaust mit rot lackiertem Daumennagel inmitten eines Venussymbols.

Keine zentrale Steuerung

Die Faust mit dem lackierten Daumennagel im Venussymbol hat sich in den letzten Wochen als Zeichen des zweiten Frauenstreiks in der Geschichte der Schweiz durchgesetzt. Es kam aus der Romandie. Im Januar 2018 riefen dort Feministinnen zu einem erneuten Frauenstreik auf, im Herbst zog der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) mit. Dann verselbstständigte sich die Dynamik. Überall in der Schweiz bildeten sich Streikkollektive. In Genf, Yverdon, im Wallis, in Basel, Bern, Aargau, Luzern, Zürich, selbst in Uri und Schwyz planen Frauen derzeit den ersten Frauenstreik seit 1991. Damals legten eine halbe Million Frauen in der Schweiz die Arbeit nieder, angeführt von den Gewerkschaften. Auch heute sind die Gewerkschaften dabei. Der VPOD mobilisiert Frauen in weiblich geprägten Berufsgruppen wie Pflege, Kinderbetreuung, Bildung. Der SGB hat ein Streiksekretariat eröffnet.

Sie wollen einen längeren Mutterschaftsurlaub, eine Elternzeit, eine generelle Reduktion der Arbeitszeit.

Doch dieser Streik ist anders. «Im Gegensatz zum ersten Streik wird er nicht von den Gewerkschaften angeführt, sondern von den regionalen Streikkollektiven», sagt Salome Schaerer. Sie hat das Streikkollektiv Zürich-Oberland ins Leben gerufen. Letzten Samstag demonstrierten Frauen in Winterthur, Basel und Zürich: «Wenn Frau will, steht alles still!», wiederholten sie – wie 1991. Künstlerinnen wie Sophie Hunger rufen auf Social Media zum Mitmachen auf. Die Schülerinnen und Schüler an den Zürcher Kantonsschulen organisierten eine feministische Aktionswoche, forderten eine «Bildung ohne Sexismus». An der Universität Zürich besetzten Frauen und Queerpersonen einen Hörsaal und lauschten den Tipps von Feministinnen erster Stunde: «Lasst alle Frauen den Streik so durchführen, wie sie Lust haben», sagte die langjährige Zürcher Frauenbeauftragte Zita Küng zu den rund 30 Studentinnen.

Schweizer Frauenstreik 1991

Der Frauenstreik von 1991 war die grösste politische Mobilisation in der Schweiz seit dem Generalstreik von 1918. Am 14. Juni 1991 legten rund eine halbe Million Schweizerinnen ihre Arbeit für einen Tag nieder oder organisierten sich in Aktionen wie Protestpausen, Sitzstreiks oder Bummeln. Im Nachgang zum Frauenstreik wurde das Gleichstellungsgesetz geschaffen, der Schwangerschafts­abbruch legalisiert und die Mutterschaftsversicherung eingeführt.

Ein Streik ist eine kollektive Arbeits­niederlegung zur Durchsetzung von Forderungen, die das Arbeitsverhältnis betreffen. Das Streikrecht ist seit 1999 in der Verfassung verankert. Ihm steht eine Friedenspflicht entgegen, wenn ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) abgeschlossen wurde. Diese gilt nicht für Einzel­personen, sondern für die Gewerkschaft, die den GAV abgeschlossen hat.

Am Sonntag ballt sich die Streik­dynamik dann erstmals zentral in Biel. Die Stimmen sind bereits vor dem grossen Saal des Maison du Peuple hörbar: «Streik! Streik! Feministischer Streik!», rufen bis zu 500 Frauen aus der Romandie, dem Tessin und der Deutschschweiz, ballen die Fäuste in der Luft, formen mit ihren Händen ein Vulva-Zeichen, stampfen und klatschen. «Wir wurden nicht gehört! Jetzt müssen wir etwas Grosses machen!», heizt die Rednerin ein, die Menge tobt.

Trump als Streik-Treiber

Die nationale Streikkoordination verabschiedet an diesem Treffen ihren Appell. Die Frauen fordern gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, die Aufwertung der Frauenberufe, faire Sozialversicherungen. «Ohne unsere unbezahlte Arbeit würde die Wirtschaft nicht funktionieren», kritisieren die Streikerinnen. Sie wollen einen längeren Mutterschaftsurlaub, eine Elternzeit, ausreichend Fremdbetreuungsplätze, eine generelle Reduktion der Arbeitszeit – auch damit bezahlte und unbezahlte Arbeit besser aufgeteilt werden kann. Und sie fordern das Ende von Sexismus, Diskriminierung und Gewalt.

Die Schweiz rangiert in puncto Gleichberechtigung an 20. Stelle hinter Südafrika und Bulgarien.

Die Dynamik kam nicht aus dem Nichts. Da war US-Präsident Donald Trump, seine frauenverachtenden Äusserungen. Am ersten Zürcher Women’s March nach seiner Wahl gingen mindestens 15'000 Frauen und Männer gegen Diskriminierung auf die Strasse, letzten Herbst demonstrierten in Bern 20'000 für die Lohngleichheit. Da war #MeToo, ein Social-Media-Hashtag, unter dem Frauen rund um den Globus von ihren Erfahrungen mit sexueller Belästigung berichteten. Da ist ein hartnäckiger Lohnunterschied von fast 20 Prozent. Und da ist die aktuelle Studie des Weltwirtschaftsforums: Die Schweiz rangiert in puncto Gleichberechtigung an 20. Stelle hinter Südafrika und Bulgarien.

Szenenwechsel. In Genf scheint die viel zu warme Februarsonne durch das Fenster in den Salon einer Stadtwohnung. Christiane Brunner lehnt sich in ihrem Sessel zurück, nimmt einen Schluck Weisswein, steckt sich eine Zigarette an. Der heute 71-jährigen Ikone des ersten Frauenstreiks gefällt, was sie sieht: «Jüngere haben übernommen», sagt sie, lächelt. #MeToo habe eine grosse Rolle für das Wiedererstarken der Frauenbewegung gespielt, sagt sie. Und #MeToo unterscheidet den ersten vom zweiten Frauenstreik: «Zu unserer Zeit wäre das nicht denkbar gewesen», sagt die frühere Präsidentin des SGB. «Über solche Dinge sprach man nicht, und wir konnten nicht alle Tabus auf einmal brechen.» Ob Frust über die Belästigungen in der Wut der Frauen schon damals mitkochte? «Ganz sicher», sagt Brunner. «Wir hatten nur keine Worte dafür.»

FDP-Frauen skeptisch, wie früher

Brunner reiste vor dem ersten Streik 1991 ein Jahr lang durch die ganze Schweiz, um Mitkämpferinnen zu finden. Die Gewerkschaftssekretäre forderten die Gewerkschafter auf, ihre Frauen zu den Treffen mitzunehmen, um sie zu erreichen. «Zwischen damals und heute liegen Welten», sagt Brunner. Nicht nur Errungenschaften wie die Legalisierung von Schwangerschaftsabbruch oder der Mutterschaftsschutz, sondern auch in den Möglichkeiten zur Mobilisierung: Social Media, Handys, Videos. «Wenn wir damals diese Möglichkeiten gehabt hätten!», ruft sie.

Brunners einzige Sorge: «Der heutige Streikaufruf kam ursprünglich aus der ganz linken Ecke. Jetzt müssen die Frauen es schaffen, alle Frauen mitzunehmen», sagt sie. «Es darf kein Links-rechts-Problem daraus werden.»

«Wenn man etwas erreichen will, muss man hart auf den Tisch klopfen.»
Christiane Brunner, SP-Politikerin

Die FDP-Frauen haben sich bereits entschieden. Für Neutralität. «Wir haben die göttliche Ordnung überwunden, ein Streik scheint uns heute nicht mehr angemessen», sagt Doris Fiala, Präsidentin der FDP-Frauen. Diese überlassen es ihren Mitgliedern, ob sie am Streik teilnehmen wollen oder nicht: «Ich engagiere mich das ganze Jahr intensiv für die Frauen, dieser Streik ist uns zu sehr mit den Gewerkschaften konnotiert», sagt sie.

Warten genügt nicht

Auch der Frauendachverband Alliance F zögerte – zunächst. 1991 äusserte sich der Frauenbund öffentlich gegen den Streik. Heute sagt Co-Präsidentin Maya Graf (Grüne): «Wir unterstützen den Tag ideell. Die Aktionen sollen aber von der Basis kommen, der Streik soll so dezentral und vielfältig wie möglich sein.» Auch Die CVP- und die Kirchenfrauen haben sich dem Streik angeschlossen. «Wir sehen den Frauenstreik als Chance», sagt Kathrin Winzeler vom Schweizerischen Katholischen Frauenbund (SKF). «Frauen können heute alles werden, von geweihten Ämtern bleiben sie aber weiter ausgeschlossen.»

«Wenn man etwas erreichen will, muss man hart auf den Tisch klopfen», sagt Christiane Brunner, deren Nichtwahl dank dem Protest der Frauen zur ersten linken Frau im Bundesrat führte. «Die Bewegung, die damals entstand, war massiv. Die Frauen haben gemerkt dass es nicht genügt, wenn sie auf Gleichberechtigung warten.» Brunner erinnert sich an den Abend vor dem ersten Frauenstreik. Sie hatte in Bern übernachtet, schlecht geschlafen. Als sie am frühen Morgen auf die Strasse trat, sah sie bereits viele Frauen in pinkfarbenen T-Shirts. «Sie kannten mich, wir grüssten uns. Dann kamen mir die Tränen.»

Heute reisst die 24-jährige Gian­na Ferrari am Bahnhof Baden die Augen auf, wenn der Name Christiane Brunner fällt: «Was hält sie von uns?», fragt sie neugierig. Brunners Urteil zählt. Auch 28 Jahre später.

Zeitung Aargauer Zeitung

AARGAU

Aargauer Zeitung

12.03.2019 15:22

Noemi Lea Landolt

Polizei bewilligt Frauendemo in Aarau trotz Eidgenössischem Turnfest

Die Anlässe aneinander vorbeizubringen, sei für die Stadtpolizei zwar eine Herausforderung, aber möglich. Die Organisatorinnen des Frauenstreiks freuen sich

«Wenn frau will, steht alles still.» Unter diesem Motto gingen am 14. Juni 1991 Frauen in der ganzen Schweiz auf die Strasse. Hunderttausende sollen laut Schätzungen demonstriert haben. Sie legten ihre Arbeit nieder, versammelten sich auf Plätzen der Städte und Dörfer und forderten die Umsetzung des Gleichstellungsartikels, der zehn Jahre zuvor in der Verfassung verankert wurde. Auch in Aarau machten mehr als 3000 Personen mit Hunderten farbigen Luftballons «ihrem Unmut über die herrschende Ungerechtigkeit Luft», wie Zeitungen berichteten.

Seit dem ersten Streik hat sich zwar Einiges verbessert. So wurde zum Beispiel der Mutterschafturlaub eingeführt oder die Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch. Trotzdem gibt es weiterhin genug Gründe, sich gegen die herrschende Ungleichheit zu wehren. Frauen verdienen für gleichwertige Arbeit immer noch weniger als Männer. Sexismus, häusliche Gewalt und Diskriminierung sind nicht aus der Welt.

Deshalb kommt es, 28 Jahre später, am 14. Juni 2019, zum zweiten nationalen Frauenstreik. Die Demo im Aargau sollte wieder in Aarau stattfinden, wie Elena Flach, Co-Präsidentin der SP Frauen Aargau, sagt. Ob das klappen würde, war jedoch zunächst unklar. Von 13. bis 23. Juni findet in Aarau nämlich auch das Eidgenössische Turnfest statt. Ein Anlass, der Zehntausende Turnerinnen und Besucher in die Kantonshauptstadt locken wird.

Nicht zum ersten Mal

Trotzdem werde die Stadtpolizei eine Kundgebung in Aarau bewilligen, sagt Polizeichef Daniel Ringier. «Es spricht aus Sicht der Stadtpolizei nichts dagegen, dass der Anlass für den Frauenstreiktag und das Eidgenössische Turnfest an diesem Tag parallel stattfinden.» Eine Herausforderung sei es aber sehr wohl. «Die Stadtpolizei wird darauf achten müssen, dass die Kundgebung und das Turnfest gut aneinander vorbeikommen», sagt Ringier. Ebenfalls werde der Strassenverkehr im Raum Aarau die Stadtpolizei «noch mehr fordern». Die definitive Bewilligung liegt noch nicht auf dem Tisch der Organisatorinnen. Der Polizeichef sagt aber, sie sei «zur Zeit in Erarbeitung».

Elena Flach freut sich über die Bewilligung: «Wir wollten unbedingt in Aarau demonstrieren. Wenn das nicht geklappt hätte, hätten wir nach Alternativen suchen müssen.»

Das «Eidgenössische» und der Frauenstreik fanden bereits 1991 gleichzeitig statt. Die Luzerner Stadtverwaltung hatte damals den Kornmarkt vor dem Rathaus «irrtümlich» sowohl dem Frauenstreik-Komitee als auch den Turnerinnen «für ihre doch sehr unterschiedlichen Demonstrationen» zugesprochen, wie Zeitungen berichteten. Eine «drohende Konfrontation» sei «friedlich gelöst» worden. Da es sich beim Turnen streng genommen nicht um Arbeit, sondern um eine Freizeitbeschäftigung handle, gab das Frauenstreik-Komitee den Platz zeitweise für die Darbietungen der Damenturnriegen frei und integrierte diese gewissermassen in ihr Rahmenprogramm.

Radio Kanal K

Aargau

Kanal K

08.03.2019

Luc Ruffieux

Grrrlz-on-Air!

Frauenstreiktag Sektion Aarau

Seit einem Jahr feiern wir den Frauentag einmal im Monat mit unseren F-Tracks: Non-Stop und Female Voices Only im Tagesprogramm. Am 08. März, dem Internationalen Tag der Frau legten wir noch eine Schippe drauf. Im F-Tracks: Grrrlz On Air warfen wir von 6 – 19 Uhr einen Blick auf aktuelle feministische Themen und Plattformen (u.a. mit Fempop, ZACK – dein feministisches Radio, Untenrum Podcast), hatten utopische Gedanken mit Miriam Suter Journalistin und Gülsha Adilji, unterhielten uns mit Samira Marti und Gabriela Suter aus der Politik und übergaben das Mikrofon an starke Frontfrauen mit einer Livesession von Pamela Méndez und Annie Taylor im Studio. This Was Not A Test!

Newsletter Logo Frauen*streik

Aargau

Frauen*streik Aargau

22.02.2019

Lea Carucci

Aktionen am 8. März Tag der Frau

Liebe Unterstützer*innen vom feministischen Streik Aargau

Frauen* haben statistisch betrachtet bis heute gratis gearbeitet. Ein Skandal! Am 8. März verteilen wir darum im ganzen Kanton Flyer um für den Frauen*streik am 14. Juni zu mobilisieren. Hilfst du mit?

Verteilaktion Banhöfe

Einerseits finden klassische Bahnhofverteilaktionen statt, wo unter anderem der druckfrische Frauen*streik Flyer vom Aargauer-Kollektiv verteilt wird. Für jeden Standort braucht es 2-4 Personen. Es wird eine Person geben, die die Flyer dabei hat, ihr braucht einfach um 06:00 am jeweiligen Bahnhof zu sein. Falls ihr nicht genau bis 08:00 könnt, ist das kein Problem.

Infos für Helferinnen

Wenn ihr bei einer Aktion mithelfen wollt, tragt euch in diesem Einsatzplan ein. Ihr müsst euch einfach Uhrzeit und Ort merken, dann wird eine Person mit dem Material anwesend sein. Vergesst nicht Fotos zu schiessen und uns an sekretariat@frauenstreik-aargau.ch zu schicken. Dann können wir die Bilder in den sozialen Medien teilen.

Hinweis: Beschilderungs- und Malaktion SP Frauen* Aargau

Die SP Frauen* Aargau planen eine Aktion zwischen 5-6 Uhr. Zusätzlich wird auf den Frauenstreik am 14.06.19 aufmerksam gemacht. Wer Interesse hat mitzumachen, soll sich unter frauen@sp-aargau.ch melden. Auch für diese Aktion bitte im Einsatzplan eintragen. Treffpunkt 06 Uhr jeweils an den Bahnhöfen. Nach der Aktion kann mensch sich direkt den Verteilsaktionen an den Bahnhöfen anschliessen.

Weitere Aktionen (Stand heute)

Jemensch vom Kollektiv wird bei der Führung von Aarau Info (ausgebucht) ein Interview geben. Auch im Radio Kanal K werden wir um 13:00 live zu hören sein.

Du willst selber was machen?

Die allgemeinen Frauen*streik Flyer vom Aargauer Kollektiv und weitere Materialien werden im Volkshaus Aarau (Bachstrasse 43) ab 1. März abholbereit sein, falls du auf eigene Faust zum Beispiel Briefkasten beflyern gehen willst. Bitte hier bestellen.

Aufruf Ansprechpersonen Bezirke

Wir nutzen diesen Aktionsaufruf auch nochmals dazu, Personen für den 14.6. zu suchen, die sich als Ansprechsperson für einen Bezirk oder eine Region melden. Im Minimum bist du zuständig für: Platz- und Essensorganisation, Bänke, Anwesenheit von mind. 10-14 Uhr, evtl. organisieren einer gemeinsamen Anreise an eine Kundgebung im Aargau. Für Rückfragen steht das Streiksekretariat zur Verfügung.

Nächste Daten

08. März: Aktionen am Tag der Frau
10. März: nationale Versammlung Frauen*streik Schweiz (Volkshaus Biel)
11. März: VPOD Veranstaltung- Frauen*streiktag- (Wie) geht das?
12. März: Treffen Frauen*streik-Komitee Aargau (18:00 Volkshaus Aarau)
11. April: Treffen Frauen*streik-Komitee Aargau (18:00 Volkshaus Aarau)
01. Mai: Präsenz am 1. Mai
08. Mai: Treffen Frauen*streik-Komitee Aargau (18:00 Volkshaus Aarau)
14. Juni: Frauen*streik-Tag!

Zeitung work

SCHWEIZ

work

15.02.2019

Patricia D'Incau

«Beim Frauenstreik bin ich auf jeden Fall dabei!»

Bauernfrauen chrampfen den ganzen Tag, meist ohne Lohn und Sozialversicherungen. Das muss sich ändern, sagt die Präsidentin der Landfrauen, Christine Bühler.
Oberste Bäuerin: Christine Bühler

Christine Bühler (59) ist seit 2011 Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes. Zusammen mit ihrem Mann führt sie einen Hof in Tavannes BE. Das Ehepaar hält 7500 Hühner und 26 Kühe. Christine Bühler ist Mitbewirtschafterin und verantwortet die Pouletmast. Das Betriebseinkommen teilen die Bühlers Ende Jahr untereinander auf.

work: Frau Bühler, kürzlich hat eine Bäuerin im «Tages-Anzeiger» erzählt, dass sie nur bei ihrem Mann bleibe, weil sie sich die Scheidung nicht leisten könne. Ein Einzelfall?

Christine Bühler: Scheidungen kommen in Bauern­familien heute eigentlich fast gleich oft vor wie bei ­anderen Berufsgruppen. Etwa jede dritte Ehe geht aus­einander. Aber für eine Bauernfrau sind die finanziellen Auswirkungen oft schlimmer. Bei einer Trennung steht sie vor dem Nichts. Sie hat den Anschluss an ihren Erstberuf verloren, kein Vermögen und kein Zuhause mehr. Manche müssen Sozialhilfe beantragen.

Wie kann das sein? Diese Frauen sind doch Teil des Betriebs.

Ja, aber der gehört ihnen nicht. In der Landwirtschaft ist es so, dass es nur einen Besitzer geben kann. Und das ist meistens der Mann. Das ganze Vermögen ist damit in seinen Händen, und dort bleibt es auch bei einer Scheidung. Das hat mit dem bäuerlichen Bodenrecht zu tun. Das wollen wir Landfrauen nicht in Frage stellen, weil es auch Vorteile hat, zum Beispiel für unsere Kinder. Das Hauptproblem ist aber sowieso ein anderes. Nämlich, dass die Frauen, die auf dem Hof mitarbeiten, keinen Lohn bekommen.

Sie machen ihre ganze Arbeit gratis?

Die meisten, ja. Über die Hälfte der Bauernfrauen verdienen nichts. Das ist absolut stossend! Eine Arbeitszeiterhebung des Bunds zeigt, dass Bauernfrauen im Schnitt 63 Stunden in der Woche arbeiten. Den Haushalt erledigen sie am Samstag und Sonntag, wie alle anderen auch. Die Bauernfrauen machen auf dem Hof nicht nur ‹ein bisschen den Garten›. Sie machen die Administration, sie arbeiten auf dem Betrieb mit und sind überall einsetzbar. Dafür sehen viele keinen Rappen. Im Gegenteil, da heisst es sogar: Ihr habt ja Kost und Logis, was wollt ihr mehr?

Sie meinen: Den Frauen wird gesagt, sie sollten doch froh sein, dass sie in ihrem eigenen Zuhause essen und schlafen dürfen?

Ja, ich habe diesen Satz schon so oft gehört. Sogar von Richtern bei Scheidungsfällen. Da frage ich mich schon: Sind die sich eigentlich bewusst, was sie da gerade sagen?

Wie sieht es mit der Rente aus?

Drei Viertel der Frauen sind nicht sozialversichert. Ohne Lohn und Arbeitsvertrag gelten sie als Nicht­erwerbstätige. Dadurch haben sie im Alter nur die AHV und auch dort meist das Minimum. Seit den 1990er Jahren gibt es dank dem Rentensplitting auch einen Teil der Altersvorsorge des Ehegatten dazu, entweder beim Renteneintritt oder bei einer Scheidung. Das war ein wichtiger Schritt. Aber die riesige Beitragslücke bleibt trotzdem. Gar nichts an sozialer Absicherung bekommt die Bäuerin, wenn sie schwanger wird. Als Nichterwerbstätige hat sie kein Recht auf Mutterschaftsversicherung. Und wenn sie den Hof verlassen muss, kann sie nicht aufs RAV. Deshalb müssen die Frauen endlich bezahlt und sozialversichert sein.

«Die Männer befürchten einen Machtverlust.»

Wie reagieren die Männer auf diese Forderung?

uerst wurde gesagt: Ja ja, selbstverständlich, unsere Frauen sind die Besten, und ohne die läuft nichts. Dann kam die Phase, in der versucht wurde, uns und unsere Forderungen lächerlich zu machen. Jetzt ist der Ton rauer geworden. Da heisst es: Das geht nicht, das ist viel zu teuer! Wenn es um ihre eigenen Löhne geht, habe ich dieses Argument aber noch nie gehört. Und rein finanziell gesehen, würden sich die Löhne für die Frauen auch für die Männer lohnen. Denn: Wenn das Betriebseinkommen auf zwei Personen aufgeteilt wird, schlägt sich das in der Steuerprogression nieder. Bei der freiwilligen Altersvorsorge ist es ähnlich. Der Betrieb könnte dadurch eigentlich sehr viel Steuern sparen.

Trotzdem stellen die Männer auf Durchzug. Fühlen sie sich bedroht?

Ich denke, ja. Sie leben in diesem System, in dem die Frauen gerade so viel bekommen, wie es die Männer dünkt, das sei gut so. Auf diese Weise behalten sie natürlich die Macht. Es ist ein Machtverlust, den sie befürchten.

Wie viel haben die Frauen im Bauernverband eigentlich zu sagen?

Wir haben 2 von insgesamt 23 Sitzen im Vorstand und ich bin im Vizepräsidium. Dafür gesorgt hat ganz klar der öffentliche Druck in den vergangenen Jahren. Auch der Bauernverband will nicht mehr als total konservativ dastehen. Aber es ist typisch: Es wird nur gerade so viel gemacht, wie unbedingt sein muss. Allerdings denke ich auch, dass uns mehr Vorstandssitze im Moment nicht weiterhelfen würden.

Sondern?

Das Gesetz. Der Bundesrat plant, dass alle Beiträge an die Bauern künftig daran geknüpft werden sollen, dass der Ehepartner und die Ehepartnerin sozial abgesichert sind. Wir Landfrauen haben zwar einen Gegenvorschlag gemacht, grundsätzlich ist das aber genau die Stossrichtung, die wir wollen. Also: dass die Sozialversicherungspflicht jetzt im Gesetz verankert wird. Solange das freiwillig ist, passiert nämlich nichts. Das haben wir jetzt lange genug gesehen. Und wichtig: Frauen müssen solidarisch sein. Es ist wichtig, dass wir zusammenstehen. Dass wir Landfrauen uns neben andere Frauen stellen und sagen: Ja, wir helfen mit, ihr braucht Lohngleichheit. Und wir brauchen eure Unterstützung, um überhaupt etwas zu bekommen.

Am 14. Juni werden sich Frauen in der ganzen Schweiz für den zweiten Frauenstreik zusammentun. Sind die Landfrauen auch dabei?

Das wird im Frühling entschieden. Ich werde im April als Präsidentin der Landfrauen zurücktreten. Ich hoffe aber, dass die neue Crew dort mitmacht. Ich persönlich werde am Frauenstreik dabei sein, auf jeden Fall!

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Aargau

Frauen*streik Aargau

04.02.2019

Lea Carucci

Frauen*streik Aargau 14. Juni 2019

Liebe Frauen*, liebe Interessierte
1991 streikten am 14. Juni über 500'000 Frauen* und auch im Aargau gingen über 4'000 Frauen* auf die Strasse. Am Freitag 14. Juni 2019 ist nun der zweite schweizweite Frauen*streik geplant!

Warum wird auch 2019 gestreikt?

Wir wollen eine Gesellschaft ohne Diskriminierung, ohne Sexismus und ohne Gewalt gegen Frauen*. Trotz Verfassungsartikel zur Gleichstellung von Frau und Mann und dem Gleichstellungsgesetz geht es nicht voran: wir warten nicht mehr länger! Deshalb streiken wir am 14. Juni, verschränken unsere Arme am Arbeitsplatz und bei der unbezahlten Arbeit. Denn: Wenn Frau* will, steht alles still!

Was passiert am 14. Juni 2019 konkret?

Jede Frau* soll an diesem Tag machen, wozu sie sich bereit fühlt. Wer am Arbeitsplatz streiken will, meldet sich unbedingt bei seiner Gewerkschaft oder wird bald möglichst Mitglied. Wir Frauen* streiken aber nicht nur auf der Arbeit, sondern auch zu Hause und bei anderer unbezahlter Arbeit. Vom Streik, über die Protestpause oder einem Ansteckknopf kann alles dabei sein. Lasst eurer Kreativität freien Lauf.

Was kannst Du tun?
Neuigkeiten aus dem Aargauer Komitee

Auch im Aargau hat sich ein Komitee gebildet. Dieses Komitee arbeitet eng mit der Frauen*streik-Koordinatorin Lea Carucci zusammen. Über dreissig Frauen* haben schon an den drei Treffen seit November 2018 mitgewirkt und es werden immer mehr.

Komm auch du an unsere Vorbereitungssitzung - es ist kein Vorwissen nötig und offen für alle Frauen*. Am nächsten Treffen am 14. Februar um 18 Uhr im Volkshaus Aarau verabschieden wir ein kurzes Aargauer Manifest.

Was kannst Du sonst noch so tun?
Nächste Daten

07. Februar: Treffen Ressort "Organisation 14.6." (ca.18:00 Uhr, Odeon Brugg)
08. Februar: Treffen Ressort "Mobilisierung" (17:00, Café ohne.ch Baden)
14. Februar: 4. Treffen Frauen*streik-Aargau (18:00 Uhr, Volkshaus Aarau)
18. Februar: Treffen nationale Koordination (14:15 Uhr, Bern)
08. März: Tag der Frau
09. März: grosse Frauen*demo in London
10. März: nationale Versammlung Frauen*streik Schweiz (Volkshaus Biel)
01. Mai: Präsenz am 1. Mai
14. Juni: Frauen*streik-Tag!

Allgemeine Infos rund um den Frauen*streik

Hintergrund
Die Idee eines zweiten Frauen*streiks in der Schweiz entstand in der Westschweiz und ist dann in alle anderen Teile der Schweiz übergeschwappt. Inzwischen haben sich in quasi allen Kantonen Komitees gebildet, die sich auf den besagen Tag vorbereiten.

Wer kann mitmachen?
Es ist eine Bewegung von der Basis, bei welcher jede Frau* mitmachen kann. Unabhängig von Kultur, Hautfarbe, Herkunft, Religion, Nationalität, sexueller Orientierung, Geschlechteridentität, Alter oder der sozialen Stellung. Alle Frauen* sind herzlich willkommen und bringen ihre eigenen Streikgründe mit.

Wie ist die nationale Koordination organisiert?
Alle regionalen Komitees sind unabhängig und organisieren den Tag vor Ort selber. Es wird voraussichtlich nationale Aktivitäten geben, die wiederum vor Ort in den Regionen stattfinden können. Die Nationale Koordination trifft sich regelmässig mit Vertreter*innen der Kollektive und weiteren Interessierten.

Was können Männer tun?

Liebe solidarische Männer, es gilt: unterstützt uns, indem ihr den Frauen*streik ermöglicht! Bildet z.B. eine Aargauer Solidaritätsgruppe (trag dich hier ein), reflektiert eure Rolle in dieser Gesellschaft und entlastet uns am Streiktag, indem ihr an diesem Tag die Kinderbetreuung übernehmt und für uns kocht.

Was bedeutet der Stern bei Frauen*streik?

Der Stern steht hier nicht für eine Fussnote. Der sogenannte Genderstern soll zeigen, dass es nicht nur die binären Geschlecher (Mann/Frau) gibt. Neben Frauen (cis und trans) gibt es weitere Geschlechtsidentitäten, welche ähnliche Diskriminierungserfahrungen machen und beim Frauen*streik unter Frauen* gefasst werden. Nicht alle davon fühlen sich aber mit der Bezeichnung Frau* wohl. Darum: fragt Menschen nach ihrem Pronomen - das ist eine gute Art ihnen die Möglichkeit zu geben, selber ihr Geschlecht zu definieren.

Begriffserklärungen:
"Cis" bedeutet, sich in dem Geschlecht wiederzuerkennen, das einem bei Geburt zugewiesen wurde.
„Trans“ bedeutet, sich nicht in dem Geschlecht wiederzuerkennen, das einem bei der Geburt zugewiesen wurde.
„Nicht binär“ bedeutet, dass man sich weder als Mann noch als Frau fühlt.
„Intersex“ bedeutet, dass man mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen geboren wurde.

Frauen* bildet Banden - Ziele sind genug vorhanden!


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